Wenn ich schon über die 302 geschrieben habe, möchte ich nun auch von meinem Besuch im Bunker Tessin berichten:
Von der Öffnung des Bunkers Tessin habe ich nur aus Bunker-Foren erfahren. In den allgemeinen Medien hatte ich nichts davon erfahren. Da aber schon einige Bunker-Freunde dort waren, und alle positiv berichteten, wollte ich es mir auch nicht entgehen lassen.
Da ich wohl in der Pension zu lange gefrühstückt habe (da diese Pension wirklich gut: sauber, freundlich, leckeres Frühstück, und auch preiswert ist, sei hier etwas „Werbung“ gestattet: ), war ich erst gegen 9:25 am Bunker. Dort stand zwar ein Schild „Nächste Führung 9:00“, aber es war weit und breit niemand zu sehen. Nur an der großen Kfz-Halle werkelten einige junge Leute. Ich erfuhr, dass sie eine Techno-Party vorbereiteten, die für den Abend geplant war.
Also fuhr ich erst mal nach Ikendorf (was aber kaum von Erfolg war). Die nächste Führung war laut Internet ja für 12:00 angesetzt.
Gegen 11:30 war ich wieder auf der Freifläche vor den Unterkunftsgebäuden (die in bedauerlichem Zustand sind). An dem kleinen Häuschen stand jetzt „Nächste Führung 12:00“, es waren schon ein paar Autos und Leute da.
Ich wurde freundlich begrüßt, und mir wurde gleich ein Klemmbrett mit einer Haftungsverzichtserklärung in die Hand gedrückt. (wofür ich volles Verständnis habe, denn bei den derzeitigen Bedingungen im Bunker würde keine Versicherung die Kosten eines Unfalls übernehmen, und für den Betreiber ist das Risiko einfach zu hoch). Nachdem ich diese Erklärung ausgefüllt und unterschrieben hatte, ergaben sich noch ein paar interessante Gespräche. Es wurde auch erwähnt, dass es ratsam ist, eine Taschenlampe mitzunehmen, da der Bunker zwar ausreichend beleuchtet ist, aber die Helligkeit nicht sonderlich hoch ist, wenn man Einzelheiten erkennen will.
Gegen 12:00 ging die Führung dann los. Der Bunker-Führer stellte sich als ehemaliger Mitarbeiter des Bunkers vor. Auf dem Weg von der Freifläche zum Bunkereingang erläuterte er die Aufgabe und Funktion des Bunkers und zeigte die wenigen verbliebenen oberirdischen Relikte (wie Notausstieg und Abgas-Schornstein). Nach einer kurzen Belehrung (Aufpassen, in der Gruppe bleiben, Nässe...) ging es dann die Treppe hinunter in den Bunker.
Wenn man weiß, dass hier alles zubetoniert war, wurde hier echt gute Arbeit geleistet. Der Bunker war tatsächlich vollständig beleuchtet, meist unter Nutzung der in den Wand- und Deckeleuchten integrierten Notleuchten, an manchen Stellen waren aber auch zusätzliche Feuchtraumleuchten angebracht. Die Helligkeit war ausreichend, um sich orientieren zu können, für Details musste man jedoch die eigene Taschenlampe bemühen. Der Bunker war sauber und weitgehend aufgeräumt. Es war recht feucht, in manchen Räumen war es auf Grund des feuchten Fußbodens recht glatt. Größere Pfützen gab es jedoch keine. An manchen Möbeln war leichter Schimmelansatz zu sehen, jedoch wirklich nur leicht.
Der Bunker-Führer erwies sich als sehr kompetent. Er erklärte gut, ausführlich und verständlich, konnte auch nahezu jede Frage gut beantworten. Und er hatte auch so manche Anekdote aus dem früheren Bunkerleben auf Lager. Ein besonders glücklicher Umstand war es, dass unter den Gästen zwei weitere Leute waren, die früher mal im Bunker gearbeitet hatten. Sie konnten ihr Wissen und auch ein paar Anekdoten einbringen.
Zuerst ging es durch die Schleuse in den Dekontaminantionsbereich, dann weiter über den Med-Punkt in die Arbeitsräume und Lagezentren im Obergeschoss. Im Untergeschoss konnten die Küche und Kantine, die Elektro- und Nachrichtenräume, die Klimatechnik und Luft- und Wasserversorgung und die Netzersatzanlage besichtigt werden. In der Rohrpost-Zentrale war sogar die Rohrpost-Anlage wieder in Betrieb. Im Funkraum hatte sich ein Funkamateur (Hartmut, DL4NWD) vorübergehend eingerichtet. Er hatte eine Antenne oberhalb des Bunkers aufgespannt, und ein Antennenkabel in den Bunker eingezogen, wodurch es möglich war, aus dem Bunker Funkverkehr zu machen. Er war aber an diesem tag leider nicht da, das Funkgerät war auch nicht da, aber ein Kurzwellenempfänger war in Betrieb.
Die Führung endete im Raum des Bauwerks-Dispatchers. Dort leuchteten in den Schränken und Pulten sogar wieder so einige Kontrolllampen.
Dann ging es wieder hinaus. Im Schleusen-Bereich wurde dann noch das Eintrittsgeld kassiert. Es war gar nicht so einfach, bei diesem schlechten Licht das Geld herauszusuchen. Ich fragte, warum man denn das nicht besser draußen machen könnte. Die Antwort war: „Damit gibt es schlechte Erfahrungen“.
Dann ging es aus dem Bunker hinaus wieder zur Freifläche, bei einem Schluck zu trinken gab es noch ein paar interessante Gespräche. Danach wäre noch etwas Zeit gewesen, die oberirdischen Anlagen zu besichtigen. Da es aber da kaum noch viel Sehenswertes gab, fuhr ich davon, denn schließlich wollte ich ja noch zur 302.
Zusammenfassend kann ich sagen: Claus und seine Leute haben sich in der kurzen Zeit sehr viel Mühe gegeben, den Bunker zu öffnen und für Besucher herzurichten. Das große Glück für diesen Bunker war aber, dass er so gut verschlossen war, sodass Wandalen, Schrottis und andere Bunkerspechte keine Chance hatten. So gab es keinerlei Zerstörung. Da die Bundeswehr nicht sonderlich viel zurückgebaut hatte, war der Bunker quasi im damaligen Zustand konserviert, es waren viele Details im Original erhalten. So lagen noch diverse Unterlagen und Schreibgerät herum, in der Küche standen noch die Kaffeetassen, auf einem Pult ein Strauß Kunstblumen.
Alles in allem also eine interessante Sache.
Der Eintrittspreis von 17€ ist bei dem betriebenen Aufwand durchaus angemessen, aber vielleicht für Leute mit knapper Kasse etwas abschreckend.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten:
Das Licht im Bauwerk war doch recht spärlich. Besonders in wichtigen Räumen hätte man sich etwas mehr Licht gewünscht; nicht nur die Notbeleuchtung (welche nicht nur recht dunkel, sondern auch relativ uneffektiv hinsichtlich Beleuchtungsstärke im Verhältnis zur aufgenommenen elektrischen Leistung ist), sondern die reguläre Raumbeleuchtung mit Leuchtstoffröhren. Aber dazu wäre wohl der Aufwand zu hoch gewesen.
Die Böden in manchen Räumen waren durch die Feuchtigkeit recht glatt. Dadurch bestand eine gewisse Unfallgefahr. Jedoch war die Feuchtigkeit wohl ein allgemeines Problem. Aber um das Bauwerk ausgiebig trocken zu legen, wäre wohl ein großer Aufwand notwenig gewesen, gerade bei diesem „Sommer“ mit hoher absoluter Luftfeuchtigkeit.
Und dann war noch dieser junge Mann, den ich als „Nachhut“ bezeichnete, der seine Tätigkeit selbst aber „Schieber“ nannte: Mit ernstem Gesicht ging er hinter der Gruppe her. Und wenn jemand zu lange verweilte, um einen Raum näher zu betrachten oder zu fotografieren, mahnte er mit freundlichen, aber bestimmten Worten „weiter geht’s“ zur Eile an. Ich selbst fand dies nicht unbedingt notwendig, und auch etwas nervig. Aber es gab wohl schon schlechte Erfahrungen, die diesen „Dienstposten“ notwenig gemacht haben?
Leider habe ich außer in speziellen Bunkerforen nichts in den Medien von der Eröffnung und Besichtigungsmöglichkeit gehört. Und auch die Ausschilderung vor Ort war recht spärlich: Nur ein Schild an der B 110 bei Tessin und Schilder direkt an der Zufahrt zum Gelände (die allerdings recht versteckt waren, sodass ich sie erst recht spät sah und bald vorbei gefahren wäre). Nun ja, andere „klappern“ viel mehr mit ihrem „Handwerk“... Aber ein bissel mehr „klappern“ könnte nicht schaden.
Dies waren aber nur kleine „Mängel“. Viel schlimmer war der bittere Beigeschmack, dass höchstwahrscheinlich, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, der Bunker wieder verschlossen wird, und dann vielleicht für immer. Ich glaube bisher nicht, dass es unter den gegebenen Umständen (zwei verschiedene Privatbesitzer auf dem Grundstück, do obendrein mit dem Bunker selbst kaum was anzufangen wissen, kein Netzstrom verfügbar, oberirdische Anlagen unbrauchbar, Notausstiege und Luftschächte massiv verschlossen...) möglich ist, ein langfristig tragfähiges Konzept zu entwickeln, um den Bunker dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten. Aber wir werden sehen...
Gruß Karsten