Westfernsehen, "Russentod" Quelle der Störung

Radist

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Hallo zusammen. Der "Russentod" ist dem ein oder anderem vielleicht ein Begriff?

Dieses Thema würde gut in die "Technikecke" passen, aber es geht auch um Standorte. Sonst bitte verschieben.

Kurz zur Erklärung: Es handelt sich dabei um einen Hochfrequenz-Filter, der gebraucht wurde, um das Westfernsehen besser empfangen zu können.

Die Sowjetischen Streitkräfte haben eine Frequenz genutzt, die sehr nahe an der Frequenz des ZDF lag. Es handelt sich dabei um das VHF Band I zwischen 47 und 68MHz. Gesendet wurde vom Ochsenkopf in Bayern. Die relativ tiefe Frequenz hat den Vorteil, eine höhere Reichweite zu haben, so konnte man tief in die DDR senden. Der Filter wurde so eingestellt, dass er die von den Russen genutzte Frequenz möglichst gut unterdrückt und so vom Fernseher fern hält.

Generelle Informationen zum Russentod:







Ich suche Zeitzeugen, die mehr über das Thema wissen. Besonders interessant wären Angaben über besonders gestörte Regionen in Thüringen und Sachsen und ob wir daraus auf die Nutzung schließen können. Woher kam die störende Aussendung der Russen? Mir wurde berichtet, dass es sich wohl um Sprechfunk gehandelt haben soll, weil man russische Stimmen im Fernsehen hören konnte.

Was könnte das gewesen sein? 2-Wege Funk auf Übungsplätzen, Relaisfunk, Richtfunk, Flugfunk, Funk nur zum Zweck das Westfernsehen zu stören?
 
die sehr nahe an der Frequenz des ZDF lag. Es handelt sich dabei um das VHF Band I zwischen 47 und 68MHz. Gesendet wurde vom Ochsenkopf in Bayern.
Zur Sache: das war die ARD, die Ausstrahlung erfolgte vertikal. Das hatte den Vorteil das man sich einen einfachen Dipol an ein (in der Richtung geeignetes Fenster) hinter die Gardine stellen konnte. Das ZDF sendete auch vom Ochsenkopf auf den Frequenzen der 2.Programme.

Ich bin in Zwickau aufgewachsen und somit mit Beiden (und RIAS II von einem Nebenberg des Ochsenkopfs gesendet) groß geworden. Die Empfangs-Qualität des Ersten war generell nicht umwerfend, aber nicht gestört. Das gilt so für einen mir bekannten Bogen von Leipzig, über Burgstädt bis K-M-ST. Weiter in Richtung Osten war dann der Empfang immer problematischer, aber selbst in Dresden noch möglich. Generelle Störungen waren nicht bekannt, daher wundert mich das etwas.

ABER:
Ich wohnte ab ca. 1982 in Fürstenwalde/Spree. Da war natürlich der Empfang aller damaligen Programme (DDR I, DDR II, ARD, ZDF, NDR 3 ...) in guter Qualität kein Problem. Luftlinie zum Funkturm Bln West ca. 55 km.
Aber Fürstenwalde hatte eine Radarstation der GSSD in Füwa Nord bei 52.38984,14.05846 zur Luftraumüberwachung. Die lief nahezu täglich, und da hatte man synchron zur Antennendrehung Streifen nebst Tonstörungen auf dem TV-Bild. Auf allen Programmen, DDR weniger gestört - der Alex war ja näher.

Und da wurden solcherart Filter professionell in die Verteiler-/Kabel-Anlagen eingebaut und das Problem war behoben. Diese Filter gab es auch für Privat-Kunden zu kaufen.

Und diese Sache mit den russ. Radar-Geräten habe ich auch aus anderen Städten vernommen, nur kann ich mich nicht erinnern aus welchen.

Überraschungen waren natürlich möglich in der Nähe von GSSD Objekten, so wie du schreibst: meist Flugfunk.
 
Im VHF-Band I zwischen 47 und 68 MHz wurde das ARD übertragen.
Das ZDF kam später über UHF-Frequenzen. Dafür benötigten alte Fernseher zusätzlich einen UHF-Konverter.
Das ARD kam vom Ochsenkopf, das ZDF kam vom Großen Waldstein, ein Berg der zwischen Ochsenkopf und DDR liegt.

Der "Russentod" war ein schmalbandiger Saugkreis, der die störende Russen-Frequenz HF-mäßig kurzgeschlossen und damit unterdrückt hat.
Ein großer Becher und ein paar Drahtwindungen als serieller Schwingkreis, der mechanisch durch Veränderung der Kapazität abgestimmt wurde.
 
Guten Abend und danke für die Antworten.

Mein Fehler: ARD, natürlich ... wenn man schneller tippt, als nachdenkt.

Ich habe an mehreren Stellen im Internet gelesen, dass der Bereich um Karl-Marx-Stadt von den Störungen betroffen war, sowie auch die Bestätigung von 2 Bekannten, die in der Region gelebt haben. Einer hat mir 3 selbstgebaute Exemplare, die er auf dem Dachboden/"Museum" hat, gezeigt. Ich habe mit meinem NanoVNA mal durchgemessen: die Filter sind tatsächlich sehr spitz. Frequenz war leider bei allen unterschiedlich (verstellt), aber im Bereich um die 60MHz.


Generelle Störungen waren nicht bekannt, daher wundert mich das etwas.

ABER:
Ich wohnte ab ca. 1982 in Fürstenwalde/Spree.

Komisch. Fakt ist auf jeden Fall, dass es Störungen durch russischen Sprechfunk gab. Man könnte aus Deiner Beschreibung ableiten, dass die Störungen erst nach 82 aufgetreten sind?


Störungen durch Radar:
Ich kann mir gut vorstellen, dass es da Probleme gab. Besonders wegen den hohen Sendeleistungen (+Antennengewinn) der Geräte, das mag keine Eingangsstufe. Das betrifft aber nicht den Russentod. Wir suchen schmalbandigen Sprechfunk.


Welche Objekte kommen in Frage? Was mir gleich einfällt:
- In KMS gab es eine Kaserne, einen Nachrichtenbunker und eine Fla-Raketenabteilung (SA-4).

- Nördlich bei Auerswalde gab es einen Nachrichtenbunker.

- Bei Rochlitz war die Richtfunkzentrale Süd. Die meisten mir bekannten Richtfunkgeräte arbeiten aber auf höheren Frequenzen. In Frage kommt nur die Richtfunkstelle R-409.

- Altenburg Nobitz ist auch nicht weit weg, eine Sendestelle befindet sich nördlich.

Weitere GSSD Objekte mit "Funk" in der Nähe habe ich aktuell nicht auf dem Schirm. Jemand noch eine Idee? Ich weiß leider nicht, welche Regionen besonders betroffen waren.


Achso Flugfunk: War der nicht immer schon in AM zwischen UKW Radio und dem 2m Amateurfunkband? Mal sehen was meinem Kollege dazu noch einfällt.
 
Hier mehr:

Auch ich kann mich noch sehr gut an die Funksprüche der sowjetischen Streitkräfte, da ich damals sehr nah an einer sowjetischen Kaserne wohnte.Nur glücklicherweise waren die Streifstörungen bei mir, mit dem ras,dva,tri Funkspruch im Fernsehen nur sporadisch und seltener, so daß man hier keinen "Russentod" brauchte.In den 80er traten diese Störungen dann gar nicht mehr auf.Vermutlich waren die moderneren TV-Geräte besser vor Übersteuerungen geschützt oder es wurde auf anderen Frequenzen gefunkt.

Der Bereich der ehemaligen Kanäle 2-4 war schon immer in einer Vielzahl von Ländern
neben dem "Rundfunkdienst" auch dem "festen und beweglichen Funkdienst" zugewiesen.
Konkret hat das Militär diesen Bereich (mit)benutzt, auch in der BRD.
Die in der DDR stationierten russischen Streitkräfte haben dort halt ihren "Betriebsfunk"
abgewickelt.
Quelle: https://www.rundfunkforum.de/viewtopic.php?f=4&t=21394


Unsere ‘Empfangslage’ ist meistens gut, außer die ‘Russen’ senden von der Garnison zum Panzergelände. Dann wird der Bildschirm dunkel und ‘ras,dwa,tri’ ertönt aus dem Lautsprecher. Manchmal ist der Spuk schnell vorbei, wenn nicht, muß der ‘Russentod’ eingesetzt werden.
Quelle: https://jenanord.de/2019/03/04/antennen/
Bei Jena, Richtfunk in der Nähe

Meines Wissens war der RT ein spezielles Gerät, welches im Raum Karl Marx Stadt in der DDR dazu
genutzt wurde, den störenden Funkverkehr eines russischen Armee Senders auszublenden, dieser
störte den Ton - Empfang des 2. deutschen Fernsehens.

Ich kenne das auch noch von meinem Onkel in Chemnitz.
Quelle: https://www.wumpus-gollum-forum.de/...chnik-bis-2001/-russentod-nachbau-14_142.html
 
Guten Morgen.

Flugfunk können wir ausschließen. Es gab zwei Frequenzbereiche für diesen Zweck, die sich nicht mit dem Ochsenkopf überschneiden:

220 bis 389,95 MHz, Anzahl der Kanäle: 3400, Raster: 50 kHz, Modulation: AM
100 bis 149,975 MHz, Anzahl der Kanäle: 2000, Raster: 25 kHz, Modulation: AM
 
Wer sich für die Technik im Detail interessiert:

Habe zwei Exemplare gefunden und auch durch gemessen. Die Gelbe Kurve ist das SWR auf 50 Ohm. Die Blaue Kurve ist die Durchgangsdämpfung. Der Marker steht auf der Stelle mit geringster Dämpfung. Ca. 400kHz tiefer sieht man die Sperrwirkung. Sperrtiefe ist ca. 30dB.

Dieser Aufbau kann eine schmale Störung unterdrücken. Die Einstellung ist haarscharf. Für Störungen vom Radar ist dieser Filter wirkungslos.
 

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Man könnte aus Deiner Beschreibung ableiten, dass die Störungen erst nach 82 aufgetreten sind?
Ich habe mich unklar ausgedrückt, ich selbst war ab 1978 vor Ort und kannte das Problem. Zeitzeugen erklärten mir daß es ab der Installation des Radars Anfang der 70er so war.

Wenn es vordergründig um die Abstrahlung vom Ochsenkopf geht, ARD sendete auf VHF-Band I Kanal 4 » 61 … 68 MHz

Was du hier mit Russentod beschreibst müssen lokale Störungen um GSSD-Objekte herum gewesen sein. Was selbstverständlich Betroffene nervte, aber es war mE kein gezieltes Stören zur Empfangsverhinderung. Die Russen waren Besatzumgsmacht, die haben Nebeneffekte ihres Handelns generell nur peripher tangiert.

Ich selbst habe damit keine Erfahrungen gemacht, die Gegend um den Großraum Zwickau war relativ Russenfrei, es ging erst nördlich-östlich K-M-ST und östlich Leipzig los. Durch Altenburg sind wir immer durchgefahren, in Leipzig Süd und Burgstädt war der Empfang ok. Ähnlich in Dresden mit größerem technischen Aufwand auf dem Weißen Hirsch.

Es gab deutlich mehr GSSD-Objekte im Süd-Westen der DDR als von dir aufgezählt. Die hier zu nennen würde den Rahmen sprengen, belegt durch GSSD waren ~3 % der Fläche der DDR.
 
Moin und danke für die Antworten.

Es handelt sich dabei um das VHF Band I zwischen 47 und 68MHz. Gesendet wurde vom Ochsenkopf in Bayern.

Ja, es geht nur um die Aussendung vom Ochsenkopf. Bildträger auf 62,25MHz und Ton auf 66,5MHz. Irgendwo dazwischen müssen die Russen gesendet haben.

Störungen von Radar scheiden komplett aus, weil Stimmen gehört wurden. Wir suchen also "Sprechfunk" und kein Radar. Dafür wurde der "Russentod" gebaut.
 
Störungen von Radar scheiden komplett aus, weil Stimmen gehört wurden. Wir suchen also "Sprechfunk" und kein Radar. Dafür wurde der "Russentod" gebaut.

Wie erklären sich dann die rhythmischen Störungen,
die durch drehende Sendeanlagen verursacht wurden?

Aber Fürstenwalde hatte eine Radarstation der GSSD in Füwa Nord bei 52.38984,14.05846 zur Luftraumüberwachung. Die lief nahezu täglich, und da hatte man synchron zur Antennendrehung Streifen nebst Tonstörungen auf dem TV-Bild. Auf allen Programmen, DDR weniger gestört - der Alex war ja näher.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie erklären sich dann die rhythmischen Störungen,
die durch drehende Sendeanlagen verursacht wurden?
Guten Morgen.

Ich verstehe die Frage nicht. Die Erklärung steht bereits in dem von dir Zitierten. Lies dir bitte noch ein mal den ersten Beitrag des Themas durch.

Es gibt und gab viele verschiedene Arten von Störungen von allen möglichen elektrischen Geräten. Wir versuchen die Störung näher einzugrenzen: In diesem Thema geht es um Störungen des Westfernsehens vom Ochsenkopf, die durch russischen Sprechfunk zwischen 61 und 68 MHz verursacht wurde.
Es geht nicht um Störungen durch Radaranlagen der NVA oder GSSD.
 
Es gab Standardfunkgeräte u.a. für Sprechfunk. Die waren auch in der GSSD weit verbreitet. Vllt verursachte die Störung im TV-Signal die 1.Oberwelle des Gerätes P 108 D ?

Quelle » Handbuch zur Geschichte des militärischen Fernmeldewesens - Teil VI – Hans Georg Kampe - 2008
 

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Hallo Frank, danke für den Beitrag.

Die Idee ist gut, aber aus technischer Sicht finde ich das unwahrscheinlich. Die Geräte haben eigentlich immer eine gute Oberwellenfilterung. Wenn wir mal pessimistisch rechnen und von 30dBc ausgehen (50 bis 60dBc wären gut), sind das bei 1,2W Sendeleitung 0,0012W für die Oberwelle. Abzüglich der Energie, die in der Anpassung für die Antenne noch heraus gefiltert wird.

Deutlich mehr Leistung konnte die R-409 im betroffenen Frequenzbereich abgeben. Nämlich 40W plus Antennengewinn. Da steckt mehr Energie dahinter, das Fernsehen zu stören.



Ist in deinem Handbuch auch die R-409? Diese war weit verbreitet und ist auch heute noch zB in St. Petersburg Palastplatz zu sehen. Man erkennt im street view eine voll ausgestattete R-409:

 
Die P 409 ist auch drin. Wie du ja schon schreibst, das ist eine RiFu-Station. Möglich ist es, mir ist das für das Problem zu groß und zu speziell.

Die P 108 wurde meist mit Zusatztornister genutzt, mit einem Sendeverstärker von 12 W.
 
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