DDR: Sowjetische Speziallager

Martin Kaule

Administrator
Nabend,

irgendwo im Forum fragte man mal nach einer Übersicht an sowjetischen Speziallagern in der ehemaligen DDR. Ich habe mal eine Liste zusammengestellt. Goggle fand leider teilweise verschiedene Angaben.

Was sind Speziallager?
Orte des Schreckens für insgesamt etwa 160.000 Menschen, die hier zwischen 1945 und 1950 weggesperrt waren und der Durchsetzung der sowjetischen Besatzungspolitik dienten. Mindestens 45.000 Menschen sterben in den Lagern. Zu Zeiten der DDR war das Thema mehr als ein Tabu.

1 Mühlberg / Elbe
2 Buchenwald
3 Berlin - Hohenschönhausen
4 Bautzen
5 Fürstenwalde / Ketschendorf
6 Jamlitz
7 Weesow (Umzug nach Sachsenhausen am 10.10.1945)
8 Torgau
9 Neubrandenburg / Fünfeichen
10 Torgau
11 ?

1 Sachsenhausen
2 Buchenwald
3 Bautzen


Links:
Zum Lager 2:
http://www.zum.de/psm/n45/otte10.php

Zum Lager 7:
http://www.gedenkstaette-sachsenhausen.de/gums/de/geschichte/speziallager/spezial08.htm

Vielleicht kann man ja die Liste nach und nach erweitern.

Grüße
Martin
 
AW: Sowjetische Speziallager

Ich denke, das ich da auch was habe. Das ehemalige KGB-Gefängnis in Potsdam. Heute ist es ein Museum und kann nach der Winterpause wieder besichtigt werden. Eingerichtet wurde es am 13. August 1945 und diente als Internierungslager für die Spionageabwehr und später für die eigenen Leute.

http://www.kgb-gefaengnis.de/

Gruß Sven!
 
AW: Sowjetische Speziallager

Lager Mühlberg/Elbe
Ich glaube, zu den Bildern brauche ich nichts sagen...

Gruss aus EE

Buchtip zum Lager Mühlberg:

"Mühlberg 1939-1948" von Achim Kilian, im Bölau-Verlag, ISBN 3-412-10201-6
 
AW: Sowjetische Speziallager

Martin K. meinte:
Nabend,

Vielleicht kann man ja die Liste nach und nach erweitern.

Grüße
Martin

Also nach gegenwärtigem Stand der Dinge ist die Liste nicht groß zu erweitern. Es gab die Speziallager 1 - 10 so wie angegeben.

Das Lager Nr. 8 war zunächst in Torgau, Fort Zinna, ab März 1946 in der ehemalige Sydlitzkaserne. Das Lager Nr. 10 wurde ab Mai 1946 als Durchgangslager genutzt (Torgau / Fort Zinna).

Darüber hinaus gab es noch die Gefängnisse in Strelitz (1945 -1946), Frankfurt (Oder) (1945 - 1946) und Bln-Lichtenberg (1945 - 1947).

Wer mehr wisen will, dem sei das Buch "Speziallager in der SBZ", Ch.Links-Verlag. ISBN 3-86153-193-3 empfohlen.

bitti
 
AW: Sowjetische Speziallager

Hier mal eine Aktualisierung der Liste:
  • 1 Mühlberg bei Riesa (1945-1948)
  • 2 Buchenwald bei Weimar (1945-1950)
  • 3 Berlin Hohenschönhausen (1945-1946)
  • 4 Bautzen (1945-1950, ab 1948 Nr. 3)
  • 5 Ketschendorf bei Fürstenwalde (1945-1947)
  • 6 Jamlitz bei Lieberose (1945-1947)
  • 7 Sachsenhausen (1945-1950, ab 1948 Nr. 1)
  • 8 Torgau (1945-1947)
  • 9 Fünfeichen bei Neubrandenburg (1945-1948)
  • 10 Torgau (1946-1948)

Quelle: Roter Stern über Deutschland, ab März 2010 wieder im Buchhandel verfügbar!
 
AW: Sowjetische Speziallager

Hier gibt es Detailinformationen des sowjetischen Speziallagers in Buchenwald direkt von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora
kurz hier: http://www.buchenwald.de/index.php?pageid=99
und detaillierter:
http://www.buchenwald.de/index.php?p=beitraege_speziallager_buchenwald
Vor der Wende totgeschwiegen, jetzt durch Stehlenfelder, einem Holzkreuz und einem in Boden eingelassenen Gedenkstein für alle sichtbar.

Es gibt mittlerweile jede Menge Literatur zu den sowjetischen Speziallagern:
http://www.buchenwald.de/media_de/ct_binfo_veroeff2.html

Danke Sven für die kmz.

Viele Grüße
Klaus
 
AW: Sowjetische Speziallager

In den Speziallagern wurden nicht nur " missliebige" Personen interniert sondern auch von den Westalliierten bereits entlassene Wehrmachtsoffiziere, die dann z.T. in die Gulags weitertransportiert wurden. Auch in diesem Personenkreis war die Todesrate erheblich.
 
[h=1]Sellering erinnert an Opfer im Speziallager Fünfeichen[/h]
In der Mahn- und Gedenkstätte Fünfeichen in Neubrandenburg hat Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) am Samstag (27.04) an das Leid der Insassen des Speziallagers erinnert.

"Wir gedenken heute gemeinsam derer, die als Kriegsgefangene nach Deutschland verschleppt, ausgebeutet und dem Tod ausgeliefert wurden. Und wir gedenken der Männer, Frauen und Jugendlichen, die in den Speziallagern von der sowjetischen Besatzungsmacht unter schlimmen Bedingungen interniert und gepeinigt wurden, die zu Tausenden starben", sagte Ministerpräsident Erwin Sellering in seiner Rede.

Quelle und mehr: http://www.mvpo.de/index.php?id=56&tx_ttnews[tt_news]=19735&cHash=78fc6899fe64d21444dafaef9b152cd9

BG
Martin
 
Was sind Speziallager?
Orte des Schreckens für insgesamt etwa 160.000 Menschen, die hier zwischen 1945 und 1950 weggesperrt waren und der Durchsetzung der sowjetischen Besatzungspolitik dienten. Mindestens 45.000 Menschen sterben in den Lagern. Zu Zeiten der DDR war das Thema mehr als ein Tabu.

9 Neubrandenburg / Fünfeichen

Moin Martin,

Diese Erklärung von Dir empfinde ich als etwas verkürzt. Ja, es waren Orte des Schreckens, aber es waren dort auch viele überzeugte Nazis inhaftiert. Die meisten der dort 1945 inhaftierten Frauen waren z.B. in der NS-Zeit KZ-Wärterinnen (laut Gedenkstätten-Info).

Ich halte diese 10 Speziallager plus umzu für Orte indifferenter Sowjetpolitik/-verwaltung kurz nach dem Sieg über Nazi-Deutschland (stalinistisch ausgedrückt: was bedeutet schon ein Menschenleben). Neben echten Kriegsverbrechern wurden dort einfach auch kleine Funktionsträger, von den Nachbarn denunzierte, oder politisch "unbequeme" Personen unter miserabelen Bedingungen "gelagert". Die Sowjetunion hatte in den wenigen Jahren zuvor wohl deutlich mehr als 20 Millionen Tote zu beklagen. Und die Lage für sowjetische Kriegsgefangene in deutschen Lagern war 41-43 wohl deutlich dramatischer (irgendwann wurde dann sogar von den Nazis ihr Wert als "Arbeitkräfte" entdeckt), als die der Lagerinsassen 45-48 in Fünfeichen.

Mein Großvater (Lehrer) war in Fünfeichen inhaftiert (Oral History sagt: er soll kein Nazi gewesen sein. Wegen seiner guten Russisch-Kenntnisse soll er "nur" als Zensor sowjetischer Gefangenenpost fungiert haben), er verstarb dort 1947 an Typhus.

Anbei paar Eindrücke aus Fünfeichen:

Stele Stalag 2A.JPG
Dokumentation Stalag 2A


Speziallager, Massengrab Ost 1.JPG Großvater, gest. 1947.JPG Speziallager, Massengrab Ost 2.JPG
Massengrab (Ost) deutscher Internierter ab 1945

Christian
 
Du hast auf einen fast 10 Jahre Beitrag reagiert ... Da floß mittlerweile so einiges Wasser die Spree herunter. Ich denke eine Opferzahlenaufrechnung oder Haftzustandsbeschreibung dient vermutlich nur zur Relativierung. Das hilft niemanden.
 
Du hast auf einen fast 10 Jahre Beitrag reagiert ... Da floß mittlerweile so einiges Wasser die Spree herunter. Ich denke eine Opferzahlenaufrechnung oder Haftzustandsbeschreibung dient vermutlich nur zur Relativierung. Das hilft niemanden.

Ich habe Kritik an einen 10 Jahre alten Beitrag geübt. Ist doch schön, wenn jemand sowas nach 10 Jahren noch mal hinterfragt!
Wasser fließt immer, sogar in der Spree. Das hilft niemandem.
Um eine Opferzahlen-Aufrechnung ging es (mir) hier nicht, sondern um den Versuch einer Verortung der Speziallager im historischen Kontext.

Christian
 
Zuletzt bearbeitet:
Christian,
sicher ist dieser damalige Beitrag von Martin als Einstieg in das Thema hier im Forum zu betrachten. Wir haben daraufhin häufig dazu die Thematik in Einzelthreads weiter vertieft und daher Weiteres dazu nicht mehr im Anfangsthema stattfand.

Ich habe nach deinem Beitrag #12 nochmals das Material zu NKWD #5 Ketschendorf durchgelesen, was hier im Forum auch thematisiert wurde. Wir haben ab ca. 1980 begonnen auch dessen Geschichte etwas zu beleuchten. Ich war damals im Team einer kleinen Historiker-Gruppe, welche sich mit der Geschichte Füwa's beschäftigte. Daher fand ich die Informationen hier dazu im Forum interessant und weiterführend.

In Ketschendorf / Füwa waren nach diesen Informationen interniert deutsche Zivilpersonen aller Alters- und Berufsgruppen, Männer wie Frauen. Außer diesen Zivilinternierten wurden aber auch deutsche Kriegsgefangene im Lager festgehalten. Ferner waren in Ketschendorf „Ostarbeiter“, russische Emigranten und Soldaten der Wlassow-Armee interniert, bevor sie - häufig zwangsweise - in die Sowjetunion zurückgeführt wurden.

Die deutschen Häftlinge waren Internierte, die ohne ein richterliches Urteil vom NKWD festgehalten wurden. Internierungen erfolgten allein aufgrund formaler Kriterien, die im Lager nicht weiter überprüft wurden. So sollen sich nach Angaben der sowjetischen Lagerverwaltung im Oktober 1946 zu 45% Funktionäre der NSDAP im Lager befunden haben, darunter 1.400 Blockleiter.

Verstorben sind nachweislich bis 08/1946 4500 Menschen. Danach verbot das NKWD die Buchführung. Sie wurden in unmittelbarer Nähe zur Autobahn in Massengräbern bestattet, welche bei Auflösung des Lagers unkenntlich gemacht wurden.

Insofern sehe ich keinen Unterschied zu deiner Erläuterung.

Es gab eine merkwürdige (jedenfalls für mich) Besonderheit des Lagers #5. Es befand sich in einer dafür rückgebauten Werksiedlung in normalen Wohnhäusern. Diese wurden anschließend nach Auflösung des Lagers wieder hergerichtet und neu als Werksiedlung -Reifenwerkersiedlung des späteren PNEUMANT RWes- genutzt.

In den kleinen Dreizimmerwohnungen der Siedlungshäuser waren pro Wohnung Hunderte von Gefangenen zusammengepfercht. Es gab weder Holzpritschen, noch Strohsäcke, keine Matratzen oder irgendwelches Bettzeug. Decken und Kleidung, außer der, die die Häftlinge am Leibe trugen, waren Mangelware. Anfangs mußten die Gefangenen auf dem blanken Fußboden schlafen.

Auch ein trauriges Kapitel der deutschen Geschichte.

Quelle & siehe dazu
» politische-bildung-brandenburg.de/nkwd_ketschendorf.pdf
» politische-bildung-brandenburg.de/nkwd.pdf
» hidden-places.de/Fürstenwalde-Speziallager-Ketschendorf

Grüße Frank
 
@Frank, vielen Dank für Deinen sehr informativen Beitrag, die Links und Deine Mühe! Ich habe mir die Beiträge zu den anderen Speziallagern noch nicht angeschaut, mach ich dann mal. Ich hätte da noch ne Frage: wie war das anno 1980 mit der "Geschichtsbeleuchtung" Ketschendorfs? War es schwierig, da offiziell bestimmt nicht sooo gern gesehen?

Gutgehn, Christian
 
Ich hätte da noch ne Frage: wie war das anno 1980 mit der "Geschichtsbeleuchtung" Ketschendorfs? War es schwierig, da offiziell bestimmt nicht sooo gern gesehen?

Verständliche Frage, dazu ist in den letzten Jahren schon viel gesagt worden. Meistens mit anderem Tenor. Resümee rückblickend » es kam wohl darauf an Wer, Was, Wie & Wozu wollte.

Wir waren eine Handvoll Leute und schlossen uns zu einer AG zusammen und banden das offiziell an. Die Stadt wurde ohne unseren direkten Einfluß unsere Wahlheimat, sie war seit Napoleons Zeiten auch Garnisonsstadt und hatte schon dadurch eine reiche Geschichte. Alle alten mil. Einrichtungen und weitere Flächen wurden durch die GSSD genutzt. Dadurch war die 'Nutzungsfähigkeit' und der Freizeitwert der Stadt doch eingeschränkt. Wir wollten wissen, wo wir nun wohnten.

Uns stand das Archiv der Stadt offen, wir wurden technisch unterstützt - Stichwort Kopien. Wir konnten auch GSSD-Kasernen besuchen und Relikte überprüfen. Es gab eine Reihe alter 'Ketschendorfer' (K. wurde 1950 in die Stadt eingemeindet) als Zeitzeugen, die die Zeit des Lagers unmittelbar und direkt erlebten. Da ich mit einem gut klar kam, schöpfte ich dazu sein Wissen ab. Er zeigte uns damals auch noch immer vorhandene Details des Lagers.

Es war schon zu bemerken, daß gewisse Dinge keiner mehr hören wollte. Andererseits war man froh daß sich Einige um die Bewahrung der Stadtgeschichte im speziellen mil. Bereich kümmerten und möglicherweise später als Ansprechpartner dazu zur Verfügung stehen. Man kann das aber keinesfalls mit heutigem Herangehen vergleichen.

Grüße Frank
 
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