DDR Gartengeräte - Rasensprenger

Parzival2

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Liebe Freunde der vergessenen Plätze und Gegenstände,

damit ich mir nicht immer über die Rätselseite Eure Aufmergsamkeit erschleichen muß, mache ich gern ein richtiges Thema auf. Natürlich geht es wieder um einen rätselhaften Rasensprenger. Eigentlich ist das ein Thema für ein Gartenforum, da gibt es dieses Thema auch schon. Es findet sich nur niemand, der das Rätsel lösen kann.

Um noch dem geneigten Mitleser schnell noch ein mögliches Vorurteil zu zerstreuen:
Bloß ein Rasensprenger! Wie in allen Gebrauchsgegenständen, spiegelt sich in diesen Bewässerungsapparaten wunderbar die Technikentwicklung des 20 Jahrhunderts.

Natürlich sollte man nicht den GELA Regenpilz vor Augen haben, sondern vielleicht Apparate, wie diese...

GASCH5.jpg BROSSON RAINER 4.jpg


Im konkreten Fall geht es um einen Regner aus DDR Fertigung. Um das Rätselhafte hervorzuheben, muß ich etwas ausholen. Anfang der 70er Jahre wurde vom Rationalisierungszentrum Dresden des VEB Saatzucht-Zierpflanzen Erfurt der Drehstrahlregner S71 entwickelt. Ein Impact Sprinkler, der sich in Funktion und Bauform sehr stark an einem US Vorbild RAIN BIRD orientiert. Sein unschlagbarer Vorteil gegenüber dem US Pendant - Herstellung aus heimischen Rohstoffen.

Drehstrahlregner-S71_a.jpg


In der breiten Vielfalt von Ratgeberliteratur der DDR gab es ein Lehrheft Bewässerung

Lehrheft.jpgLehrheft seite 40.jpg


und auf der Seite 40 werden zwei äussserst geeignete Geräte für die Bewässerung des Obst- und Gartenbau gezeigt. Jener S71 und ein Modell Silberquell.
Ein putziger Name, der mich gleich an Karl May denken lässt

Der Silberquell ist das große Rätsel... Es muß ihn gegeben haben. Vor ein paar Tagen habe ich mit dem Inhaber eines Landhandels in vierter Generation telefoniert: Silberquell? Sehr begehrter Regner in der DDR, Kleinregner auf einem Schlitten mit 1/2" Schlauchanschluss.
Schön, wird der geneigte Leser feststellen, der bis hierher tapfer gelesen hat: Es gab sie also doch, die hochwertigen Produkte der Konsumgüterproduktion... bestimmt!

Aber... wenn man sich den Kopf dieses Regner genau anschaut

Regner-Detail1.jpgPERROT-ZA-30.jpg


beschleicht den neugierigen Rasensprengerfreund das unbestimmte Gefühl, diesem Kopf schon anderer Stelle begenet zu sein. Er gleicht einem PERROT ZA 30 aufs Haar. PERROT war/ist einer der innovativsten Herrsteller von Bewässerungstechnik aus Calw BaWü.


Das Rätselhafte: Obwohl ein heimisches Produkt (S71) zur Verfügung stand, wurde ein Kleinregner für den Gartenbau mit einem Bronze Regner ausgestattet, der entweder kopiert oder importiert wurde.

Um in dieser (nun zugegeben, nicht für jeden) spannenden Frage mehr Klarheit zu bekommen: Hat jemand einen solchen Silberquell Regner im heimischen Garten? Ein detailliertes Foto des Kopfs wäre wunderbar.

Das brächte Klarheit ob es nun Import oder Kopie handelt. Noch besser wären natürlich Herstellerangaben. Dann liessen sich ganze Archive aufrollen und der Silberquell wäre entmystfiziert.

Ein spinöses Thema - aber ich hoffe, ich habe es so spannend gemacht, das es mit oder ohne Lösungsansätzen Amüsement bietet.
 
Lieber FA,

Dein Interesse ist geweckt. Nur wäre Dir die Angelegenheit vertrauter, wenn Dir das Adjektiv "spinös" geläufig wäre?

Das sprengt jetzt zwar den Rahmen DDR Rasensprenger, aber einen wirklich guten Überblick dazu bekommst Du in Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht"

"Die gelindeste unter allen Abschweifungen über die Grenzlinie des gesunden Verstandes ist das Steckenpferd."
 
Interessanter Beitrag , tja ein Rasensprenger iss eben nicht nur ein Rasensprenger , auch er hat eine Geschichte. Um die man sich aber sonst nie einen Kopp macht. Man sieht ihn eben nur als einen Gebrauchsartikel, egal in welcher Form ..

Spinös - Kniffelig oder rätselhaft ..
 
Lieber FA, Dein Interesse ist geweckt. Nur wäre Dir die Angelegenheit vertrauter, wenn Dir das Adjektiv "spinös" geläufig wäre?
Das sprengt jetzt zwar den Rahmen DDR Rasensprenger, aber einen wirklich guten Überblick dazu bekommst Du in Kants "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht"
"Die gelindeste unter allen Abschweifungen über die Grenzlinie des gesunden Verstandes ist das Steckenpferd."

Bitte keine falschen Rückschlüsse oh maitre du mot, nur läßt sich Deiner prosaischen Diktion regenrauschender Fluß mitunter zu wenig Allgemeinverständlichkeit abgewinnen.
Wegen Dir werde ich jetzt googeln, sei stolz!

FA
 
Der rettet meinen Tag:
"Die gelindeste unter allen Abschweifungen über die Grenzlinie des gesunden Verstandes ist das Steckenpferd."

Danke, Parzival2
 
Die Ostertage bieten Zeit, das eine oder andere (für mich) spannende Thema voran zu treiben.

Mein virales Marketing für den ostdeutschen Rasensprenger im Allgemeinen und Speziellen hat ja irgendwie nicht richtig gegriffen. Schade!

Hoffte ich doch mit meinen schwülstigen Einlassungen in Sachen Rasensprenger breitestes Interesse zu erzeugen und rechnete mit zahlreichen Fotos von noch im Einsatz befindlichen DDR Bewässerungsapparaten.
Vielleicht auch eins von diesem „Silberquell“.
Noch ist dieser Regner (für mich) unbestätigte Legende, auch wenn ich inzwischen mit Original Einzelteilen, einen halbwegs authentischen Beweis antreten könnte…

Silberquell.jpg

Aber, um das Thema Ostdeutscher Rasensprenger noch einmal richtig spannend zu machen…

1962 ließen sich zwei (Ost)Berliner Ingenieure dieses Modell eines Versenkregners patentieren.

In einer Zeit, in der viele Gärtner in Ost und West noch mit Sprühregnern über ihre Scholle huschten und Orton Englehardt womöglich für einen Jazz-Musiker gehalten haben, gab es da etwas cleveres und wirklich preiswertes in Ostdeutschland.

VR2.JPG

Dieser VR2 war vielleicht um 1965 unbestrittenes „Weltniveau“. Bis auf die Feder und dem Deckel komplett in Kunststoff. „Überholen ohne einzuholen“ war an dieser, wie auch an manch anderer Stelle, definitiv keine leere Worthülse.
 
Um das Thema „Silberquell“ für mich und für eventuell interessierte Passanten abzuschließen…

Dieses Modell „Silberquell“ gab es tatsächlich. Hier ist endlich ein echtes Beweisfoto.

Original-Silberquell.jpg
Es gibt mehrere bemerkenswerte Aspekte. Dieser Regner ist von Reichweite und Niederschlagsdichte nicht für den Einsatz im Ertragsanbau geeignet. Mit einer Düsenöffnung von 4 mm und einem ½“ Geräteanschluß ist dieser Bewässerungsapparat definitiv nur für den Einsatz in Gärtnereien und im Hausgarten geeignet. Mit seinen 300 Gramm feinstem Messing, dürfte dieser Regner in Großserie ein sensibles Loch in die Natural Wert Verflechtungsbilanz der der heimischen Volkswirtschaft gerissen haben.
Insbesondere – weil es ein rohstoffsparendes Modell S 71 gab. Der Silberquell scheint ein ausgesprochenes Konsumgut gewesen zu sein.


Noch spannender ist die augenscheinliche Ähnlichkeit zueinem 20 Jahre älteren, westdeutschen Modell (ZE 30) des ehemaligen Kirchturmuhrenherstellers PERROT aus Calw in Baden Württemberg.

Silberquell-vs-PERROT-ZE-30.jpg

In Nuancen unterscheidet sich der Silberquell von seinem westdeutschen Bruder. Ich bin sicher, dass diese Nuancen eine Patentfreiheit sicherstellen. Dass daran intensiv geforscht wurde, habe ich bei anderen Konsumgütern selbst erlebt.

Es gibt zwei Landwirtschaftliche Forschungsinstitute mit langer Tradition, die auch die letzte „Wende“ überstanden haben. In denen gilt es jetzt zu fragen, was es mit diesem „Silberquell“ eigentlich auf sich hatte.


Falls sich bemerkenswerte Aspekte ergeben, wird das Kapitel DDR Rasensprenger natürlich ergänzt…
 
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