Albanien: Urlaubsland

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anonym

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Aufgepeppte Erinnerungen
Manuskript des Beitrages vom 30.01.2005 von Thomas Kasper

Sie sind ein trauriges Stück Kommunismus, mit dem sich die Albaner arrangieren müssen: Bunker. Vor 25 Jahren in einem Anflug von Paranoia erbaut, stehen sie nun zu Tausenden im Land herum. Entfernt werden dürfen sie nicht. Also haben findige Geschäftsleute sie kurzerhand umfunktioniert. Ob Toilettenhaus oder Kneipe, Bunker sind mittlerweile total hip.

In Albanien gibt es über 600.000 Bunker
Bunker auf Feldern, Bunker im Gebirge, in Wäldern, am Meer und in Vorgärten. Mindestens 600.000 Kleinbunker gibt es in Albanien. Errichtet wurden sie vor über 20 Jahren unter dem kommunistischen Diktator Hoxa. Die Bunker gehören heute zum Landschaftsbild Albaniens. Keiner liebt oder braucht sie, doch die Armee erklärt: "Die Bunker bleiben wo sie sind."
Was also anfangen mit dieser kommunistischen Altlast? Alma Dolores ist Chefin eines der besten Fischrestaurants an der albanischen Küste. Hier in Durres am Ionischen Meer kaufte sie Land und erfüllte sich ihren Traum vom eigenen Unternehmen. Ein hässlicher Bunker steht auf ihrem Grundstück und durfte nicht abgerissen werden. So baute sie das Restaurant um den Bunker herum. Dieser wurde zum Kernstück der Feinschmeckergaststätte, zur Küche umfunktioniert.
Es sei zwar eng und dunkel, aber wenigstens sicher in dieser Küche, berichten lachend die Köchinnen. Und das Militär, das die Verteidigungsbauten angeblich immer noch dringend für den Ernstfall braucht, lässt sich die Nutzung des Bunker als Küche gut bezahlen.
"Mein Mann ist ein sehr guter Fischer und ich kann gut kochen. So kamen wir auf die Idee, dieses Restaurant zu betreiben. Nach dem Beginn der Demokratie kauften wir dies Land und dachten, dass die Bunker nicht mehr gebraucht würden. Das Land gehört uns, aber nicht der Bunker. Für den bezahlen wir jeden Monat eine hohe Pacht an die Armee."
Als sich das stalinistische Albanien Anfang der achtziger Jahre mit seinem letzten Verbündeten – China – verkrachte, glaubte es sich von Feinden umzingelt. Der Todfeind Jugoslawien auf der einen, die Nato-Staaten Griechenland und Italien auf der anderen Seite. Aus dem Warschauer Vertrag war Albanien bereits 1968 ausgetreten. Der Sowjetunion traute Albanien eine Invasion zu und den USA sowieso. Um für den Partisanenkrieg nach einem Überfall auf Albanien, durch wen auch immer, gewappnet zu sein, wurden Bunker wie dieser auf einem Schulhof ab 1980 überall im Land gebaut. In diesem Bunker befindet sich jetzt ein Schülerladen. In den Pausen werden heute Süßigkeiten und Getränke verkauft. Sehr zur Freude der Mädchen und Jungen.

Müllhaufen der Geschichte
"Bunker" heißt auch auf Albanisch "Bunker". Wie in die Sprache, so haben die Verteidigungsbauten auch längst Eingang in die Kunstszene des Landes gefunden. Der Maler dieses Bildes, das in der Nationalgalerie von Tirana hängt, fordert beispielsweise dazu auf, die Bunker auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Die Albaner sind einfallsreich und äußerst pragmatisch, was den Umgang mit den Bunkern angeht. Da im Land Raststätten selten sind, werden Kleinbunker an Straßenrändern beispielsweise gerne als WC genutzt.

Eine Fahrt durch Albaniens Hauptstadt lässt schnell erkennen, dass die großen Mengen Material, die das Bunkerprogramm verschlang, im Zivilleben fehlen – bis heute. Es gibt zwei Bautypen: Kleinere Zweimannbunker, wie diese und auch noch viele größere Mannschaftsbunker.
Zurück am Ionischen Meer, im Fischrestaurant von Alma Tolores. Die Gaststätte ist der Geheimtyp für gutes Essen. Alles, was auf den Tisch kommt, ist fangfrisch. Die Leute kommen gern. Dass das Restaurant ein Bunker war, interessiert hier kaum noch.
"Die Geschäfte laufen ganz gut. Wir wollen eigentlich unser Restaurant erweitern und verhandeln mit dem Militär, uns den Bunker zu verkaufen. Wir hoffen, dass wir für alle Zeiten in Frieden leben und nie wieder jemand einen Bunker für militärische Zwecke brauchen wird."
Bunker als Restaurant, Kantine oder Klohäuschen. Die Albaner arrangieren sich mit dem ungeliebten Erbe. Findige Unternehmer vermarkten die albanische Altlast auf eine weitere pfiffige Art. Kleine Marmorbunker als Mitbringsel sind der Hit bei ausländischen Touristen.

zuletzt aktualisiert: 28. Januar 2005 | 18:11

Quelle: MDR Windrose, Beitrag vom 30.01.2005
http://www.mdr.de/windrose/archiv/1795175.html

Manuskript des Beitrages vom 30.01.2005
von Thomas Kasper
Sie sind ein trauriges Stück Kommunismus, mit dem sich die Albaner arrangieren müssen: Bunker. Vor 25 Jahren in einem Anflug von Paranoia erbaut, stehen sie nun zu Tausenden im Land herum. Entfernt werden dürfen sie nicht. Also haben findige Geschäftsleute sie kurzerhand umfunktioniert. Ob Toilettenhaus oder Kneipe, Bunker sind mittlerweile total hip.





In Albanien gibt es über 600.000 Bunker
Bunker auf Feldern, Bunker im Gebirge, in Wäldern, am Meer und in Vorgärten. Mindestens 600.000 Kleinbunker gibt es in Albanien. Errichtet wurden sie vor über 20 Jahren unter dem kommunistischen Diktator Hoxa. Die Bunker gehören heute zum Landschaftsbild Albaniens. Keiner liebt oder braucht sie, doch die Armee erklärt:

O-Ton: Offizier
"Die Bunker bleiben wo sie sind."

Was also anfangen mit dieser kommunistischen Altlast? Alma Dolores ist Chefin eines der besten Fischrestaurants an der albanischen Küste. Hier in Durres am Ionischen Meer kaufte sie Land und erfüllte sich ihren Traum vom eigenen Unternehmen. Ein hässlicher Bunker steht auf ihrem Grundstück und durfte nicht abgerissen werden. So baute sie das Restaurant um den Bunker herum. Dieser wurde zum Kernstück der Feinschmeckergaststätte, zur Küche umfunktioniert.

Es sei zwar eng und dunkel, aber wenigstens sicher in dieser Küche, berichten lachend die Köchinnen. Und das Militär, das die Verteidigungsbauten angeblich immer noch dringend für den Ernstfall braucht, lässt sich die Nutzung des Bunker als Küche gut bezahlen.

O-Ton: Alma Dolores
"Mein Mann ist ein sehr guter Fischer und ich kann gut kochen. So kamen wir auf die Idee, dieses Restaurant zu betreiben. Nach dem Beginn der Demokratie kauften wir dies Land und dachten, dass die Bunker nicht mehr gebraucht würden. Das Land gehört uns, aber nicht der Bunker. Für den bezahlen wir jeden Monat eine hohe Pacht an die Armee."

Als sich das stalinistische Albanien Anfang der achtziger Jahre mit seinem letzten Verbündeten – China – verkrachte, glaubte es sich von Feinden umzingelt. Der Todfeind Jugoslawien auf der einen, die Nato-Staaten Griechenland und Italien auf der anderen Seite. Aus dem Warschauer Vertrag war Albanien bereits 1968 ausgetreten. Der Sowjetunion traute Albanien eine Invasion zu und den USA sowieso. Um für den Partisanenkrieg nach einem Überfall auf Albanien, durch wen auch immer, gewappnet zu sein, wurden Bunker wie dieser auf einem Schulhof ab 1980 überall im Land gebaut. In diesem Bunker befindet sich jetzt ein Schülerladen. In den Pausen werden heute Süßigkeiten und Getränke verkauft. Sehr zur Freude der Mädchen und Jungen.

Müllhaufen der Geschichte
"Bunker" heißt auch auf Albanisch "Bunker". Wie in die Sprache, so haben die Verteidigungsbauten auch längst Eingang in die Kunstszene des Landes gefunden. Der Maler dieses Bildes, das in der Nationalgalerie von Tirana hängt, fordert beispielsweise dazu auf, die Bunker auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Die Albaner sind einfallsreich und äußerst pragmatisch, was den Umgang mit den Bunkern angeht. Da im Land Raststätten selten sind, werden Kleinbunker an Straßenrändern beispielsweise gerne als WC genutzt.

Eine Fahrt durch Albaniens Hauptstadt lässt schnell erkennen, dass die großen Mengen Material, die das Bunkerprogramm verschlang, im Zivilleben fehlen – bis heute. Es gibt zwei Bautypen: Kleinere Zweimannbunker, wie diese und auch noch viele größere Mannschaftsbunker.

Zurück am Ionischen Meer, im Fischrestaurant von Alma Tolores. Die Gaststätte ist der Geheimtyp für gutes Essen. Alles, was auf den Tisch kommt, ist fangfrisch. Die Leute kommen gern. Dass das Restaurant ein Bunker war, interessiert hier kaum noch.

O-Ton: Alma Dolores
"Die Geschäfte laufen ganz gut. Wir wollen eigentlich unser Restaurant erweitern und verhandeln mit dem Militär, uns den Bunker zu verkaufen. Wir hoffen, dass wir für alle Zeiten in Frieden leben und nie wieder jemand einen Bunker für militärische Zwecke brauchen wird."

Bunker als Restaurant, Kantine oder Klohäuschen. Die Albaner arrangieren sich mit dem ungeliebten Erbe. Findige Unternehmer vermarkten die albanische Altlast auf eine weitere pfiffige Art. Kleine Marmorbunker als Mitbringsel sind der Hit bei ausländischen Touristen.

zuletzt aktualisiert: 28. Januar 2005 | 18:11
 
AW: Urlaubsland Albanien

:-O! Gross genug fürn Mann undn Geweher?! Wie krass wie krass!!!

Checkt ma diesen Link hier:

http://www.daniel-ursprung.ch/Orig/079.jpg

Man kann das "Innenleben" dieser Schildkrötenpanzer ganz gut erkennen.

Also sehr stabil sehn mir diese komiken Iglus nicht aus, vielleicht brauch die Armee die als Kartoffelbunker?

MfG!

PS: Anhang - scheint sich um einen relativ primitiven Typenbau zu handeln.
Naja die Masse sollte es wohl bringen *g :)

Quelle: diverse Albanien - Turis im WWW
 
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Und selbst am Strand ist man nicht ohne...

Gruß
Patchman

Quelle: gemHFlgAbt KFOR / 1.EinsKtgt Mai-Nov2000
 
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Eigentlich wollte ich den Text ja nur einmal im Beitrag haben... na egal. Vergesst einfach alles, was unterhalb des Zitats steht... :?

Viel interessanter als die Schildkrötenteile finde ich das Modell "Truppenbunker", zu dem es leider nur ein Foto in obig zitiertem Beitrag zu finden gibt. Ich habe es mal angehangen.
 
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anonym meinte:
Uff... so viel Urlaub kann doch kein Mensch nehmen, um sich das alles irgendwann einmal anzuschauen :???:

Danke für den Link, das Bild ist herzerfrischend nett 8)

Urlaub sollte man dort schon investieren - hier einiges vom dem was man dann so am Wegesrand zu sehen bekommt:
 
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Wenn schon einmal jemand in den letzten Jahren in Rumänien, Bulgarien und Serbien automobil unterwegs war der sollte mit den Bedingungen in Albanien klarkommen. Der hierzulande vorherrschende Eindruck von Albanien ist grundsätzlich falsch - wenn man schon so einiges "gewöhnt" ist dann wird man von diesem Land positiv überrascht werden. So ich feststellen durfte.
 
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Und wieder habe ich etwas gelernt: Albanien ist das ärmste Land Europas (bislang dachte ich immer Rumänien) und Albanien stellte auf der Expo einen Bunker aus (ich hielt es schlicht für einen modernen Pavilon).

Das ärmste Land Europas isolierte sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und öffnete sich erst in den letzten Jahren für ausländische Investoren und Besucher. An die Diktatur von Enver Hoxha erinnern heute noch die zahlreichen über das ganze Land verteilten Luftschutzbunker. Deshalb bildet Albanien in Hannover einen solchen Bunker nach, der die dunklen Seiten seiner Geschichte zeigen soll.
http://www.expo2000.de/expo2000/tn/detail.php?lang=2&tn_ktn_id=1004&tn_do_id=100103
 
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Hier nun wieder aktuelle Eindrücke aus diesem Urlaubsland - auf dem zweiten Bild sind die beiden Bunkertypen zu sehen die in großer Stückzahl im ganzen gebaut wurden. Es scheinen nur diese beiden Typen vorhanden zu sein. Andere gab es nicht zu sehen.
 
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Vielleicht sind die Schweizer doch nicht die meist-verbunkerten Europäer?
Noch mal danke für die vielen Links und Bilder, Herr Büttner :)

Passend zu diesem Thema habe ich mal ein neues über Zivilschutz und Zivilverteidigung im Warschauer Pakt eröffnet.
 
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Ich war im Herbst 2000 2 mal in Albanien..
War da mit dem Bus unterwegs um Kosovo-Leute Heim zu bringen.
2 mal von Duress nach Pristina und zurück waren Albanien genug fürs Leben.
 
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Ich war im Herbst 2000 2 mal in Albanien..
War da mit dem Bus unterwegs um Kosovo-Leute Heim zu bringen.
2 mal von Duress nach Pristina und zurück waren Albanien genug fürs Leben.

Bei den damaligen Strassenverhältnissen will ich das gerne glauben. Aber in 6 Jahren ist so einiges dort passiert.
 
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