Waren/Warenshof: Kernwaffenlager GSSD (SS-12)

Hausmeister

New member
Alles klar,Fulcrum.

Ich hatte gelesen das es irgendwo bei Waren ein Kernwaffenlager gegeben haben soll,und wollte fragen ob Du,bzw. die anderen User etwas davon wissen...


Gruß Hausmeister
 
AW: Kernwaffenlager GSSD

Da ist die Bundeswehr, ich glaube darüber diskutiert es sich öffentlich nicht so gut.
 
AW: Kernwaffenlager GSSD

Warenshof: 152. RB (SS-12), ist das hier gemeint?
 
AW: Kernwaffenlager GSSD

Ja Boulder, die 152. ist gemeint. KW-Lager ist noch vorhanden, natuerlich nicht mehr in Betrieb --> BW-Gelaende - kein Zutritt.


Gruß F.
 
AW: Kernwaffenlager GSSD

Was fuer Lager soll das sein? Granit?

Hallo Michel,

ich muß mich berichtigen, es handelt sich nicht um einen Doppel-Granit in Warenshof, sondern um 2 Bunker der ( DDR- ) Baureihe FB-75.
Entschuldige bitte meine falsche Auskunft, aber man lernt halt nie aus :wink: - und meinen Dank an den Auskunftgebenden!


Gruß Fulcrum
 
AW: Kernwaffenlager GSSD

Hallo Michel,

ich muß mich berichtigen, es handelt sich nicht um einen Doppel-Granit in Warenshof, sondern um 2 Bunker der ( DDR- ) Baureihe FB-75.
Entschuldige bitte meine falsche Auskunft, aber man lernt halt nie aus :wink: - und meinen Dank an den Auskunftgebenden!

Fulcrum,

Danke dafuer!

War das ueblich? DDR Bunker auf Russische Anlagen? Kann mich nicht erinnen das ich so etwas gesehen zu haben.

Gruss,
Michel
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Sky,
im Falle von Warenshof hat die DDR im Interesse und für die sowjetische Seite die Kaserne u. die Parkbasierung errichtet. Zum Umfang gelieferter Anlagenbestandteile laut Regierungsabkommen dazu gehörten auch FB 75 Typanlagen. Im Fall von Warenshof wurden diese durch die DDR errichtet, die restlichen Typteile verwendeten die sowjetischen Skr. selbst, um zum Beispiel den Anlagenteil Wokul zu errichten, das Stabsgebäude dort war wieder eine Eigenleistung.

In Königsbrück, Biwerda und Uhyst waren es nur die Teile die genutzt wurden, der Bau erfolgte vollständig durch die sowj. Skr selbst.

Ursachen waren fehlende Kapazitäten vor Ort, so eine Kaserne wie in Warenshof mit allen notwendigen Elementen in kürzester Zeit selbst zu stemmen (man hätte alles heranschaffen müssen). Zugleich war aber der entscheidende Faktor die Zeit, die für die Vornstationierung vorgesehen war, entsprechend gross war der Druck aus Moskau auf die GSSD, die so einen Riesenkomplex nicht in 14 Tagen hinstellen konnte. Auch die DDR konnte das nicht, daher wurden die Verbände hierherverlegt, ohne dass die Basierungen schon fertig waren. Andere Truppen "wurden" in die Wälder umgezogen, bis alles fertig war, danach verlegten die bekannten Verbände und TT in die neuen Kasernen und die Umgezogenen wieder in ihre alten Kasernen. Schön war das Wohnen in Zelten garantiert nicht, aber die Herverlegten besaßen vermutlich so hohen Stellenwert, dass das eine oder andere Zelt für Panzersoldat xy dabei keine Rolle spielte. Der Faktor Zeit war also hierbei das Entscheidende. Man könnte sagen, die haben schon beim Schaffner die Fahrkarten gelöst, da haben wir hier erst den Zement auf die Bautelle gebracht. Die DDR wurde quasi überrollt von der Entscheidung. Da dies auf Basis eines Regierungsabkommens geschah, wie auch der Abzug und die Rücknahme der Kaserne Warenshof für den FDGB so gerregelt wurde, ist dei Behauptung mancher Leute heute, dass die DDR davon gar nichts wusste, falsch. Zumindest SBP, die Führung der Gruppe, einige andere involvierte Leute und die Baukombinate und deren Ministerium bzw. ausgesuchte Leute im MfNV wussten ganz genau Bescheid. Sie haben sicher kein leeres Blatt unterschrieben dass dann folgend nachbeschriftet wurde...

Die Verwendung der FB-75 war eine Notlösung, weil so viele Elemente auf Schlag in dieser Grösse für alle 4 Stellungen nicht verfügbar waren, der Seetransport aus Leningrad hätte auch einige Tage gedauert, und nicht zu vergessen, der Transport in der DDR mit der DR. Deshalb nahm man eher ungewollt die FB 75 in Anspruch, wissend das dies eine Sonderlösung war und blieb. Schließlich musste man sich auch noch Ersatzteile hinlegen die für den Betrieb nötig sind, wenn man nicht gerade irgendwem seine scharfen Objekte zeigen will. Viel Aufwand für eine kleine Ursache, die hiess ganz einfach Zeit.

Wer Drück ausüben will um einer politisch gewollten Lageverschärfung folgend zu handeln muss es schnell tun. Und das tat man.
Grüsse Hermann
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Das war doch eigentlich häufiger der Fall das NVA Bauregimenter im Sinne des Reg.-abkommens für die Sowjets die Lager oder Gebäudehüllen errichtete, nur der Innenausbau auf Seiten der Sowjets lag. Kam es auch vor das unsere Baureg., wenn Zeit kein Mangel war, auch mit fremden (Russ.) Baumaterial Gebäude errichtete? Oder errichteten Sie nur Gebäude für die Sowjets mit eigenem, unserem Material? Die Frage zielt in Richtung Lychen, sind dort Fertigteile oder Tore/Türen aus DDR Produktion verwendet worden? Sind beispielsweise die Drucktore Russ. oder Deutsche Fabrikate?
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Boulder,
Lychen ist ein Sonderfall, wo eine Bauhülle bis zu einem vereinbarten Punkt fertiggebaut wurden, und der Innenausbau von denen selbst erledigt wurde. Die Lagerkavernen wur-den in den übersetzten Unterlagen nur als "technologische Räume" bezeichnet. Im Fall Lychen und Stolzenhain wurden die im Abkommen genannten Anlagen mit dem gesamten Material der DDr errichtet, bis auf die Spezialausrüstung, Klappen etc. die kamen ja eh von dort, zumindest bis zu dem Zeitpunkt wo wir auch eigene Klappen herstellten (Kostenfrage). Ansonsten waren Tore und Türen von denen, es sei denn es stand im Projekt drin, dass in der kleinen Garage eine Tür drin sein sollte, dann kam sie von uns. Der ursprüngliche Gebäudebestand von Ende 60er wurde danach wegen unterschiedlicher Gegebenheiten, vorallem im Lieferprozess stark erweitert, das haben die dann alles selbst gemacht. Bei der Übergabe stand daher auch genau drin welches Gebäude von der DDR und welches Gebäude Eigentum der UdssR war. Sämtliche Spezialausrüstung kam aus der UdSSR, handelte es sich um eine normale Beleuchtungsanlage ohne weitere Funktionen, kam der Schalter von uns, sollte er weitere technoliogische Prozesse steuern, lieferten sie den usw. usf. Wie gesagt Lychen und StohA sind dabei Sonderfälle, wo bis zu einem genau definierten Punkt fertig gebaut wurde um dann abzuziehen. Man erkennt es zum Teil an der Rohrführung in den Betriebsräumen. die liefen manchmal durch definierte Öffnungen. So baut man eigentlich nicht, man betoniert sie ein oder schafft Durchführungen. Da die sowjetische Seite aber nicht offenlegen wollte wie das Wie und Warum , Weshalb so war, haben unsere Projektanten "Löcher betoniert" durch die später die Pressluft und Pumpleitungen gezogen wurden...
Dafür gibt es noch mehr Beispiele.
Grüsse Hermann
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Wie ist das jetzt mit dem "Sonderfall" gemeint? Bezieht sich der "Sonderfall" auf den Fertigstellungspunkt in Form der Bauhülle und den Zeitpunkt der Übergabe an die Sowjets zur Fertigstellung? War das in Lychen und Stolzenhain der "Sonderfall"? Wurden sonst die Kerngebäude/Lager generell für die Sowjets mit unseren Mitteln komplett fertiggestellt oder sind manchmal auch einfach finanzielle Mittel geflossen um damit die vertragliche Bauleistung abzugelten?
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Boulder,
Du hast Fragen...
Bauen war nicht gleich Bauen. Man unterschied in Neubau und Instandhaltung. Wie gesagt die unter grossem Zeitdruck erfolgte bauliche Hintergrundarbeit zur Stationierung von Raketenkomplexen mittlerer Reichweite in der DDr war die eine Seite, der Bau der beiden Basen aus Geheimhaltungssicht zum Procedere darin, die andere Seite.
Zu beiden gab es Regierungsabkommen. Bei dem einen wollten sich die sowjetischen Spezialisten nicht in die karten sehen klassen, was die Läger für Ihr Produkt 7 betrifft, bei dem anderen war man auf die DDR angewiesen, weil man es zeitlich nicht allein schaffte.

Die beiden Basen waren ein Sonderfall derart, dass über ein gesondertes Regierungsabkommen zwei Objekte fertiggestellt wurden die von der sowj. Seite genutzt wurden aber Eigentum der Bauseite blieben. Die Lagerobjekte waren fertig wie Übergabeschnittstelle gewünscht, die anderen Objektbestandteile waren komplett fertig.
Im Falle der Lagerbasen war das in allen Staaten, wo sie gebaut wurden (ausser Rumänien) so, also Polen CSSR, Ungarn, Bulgarien.

In anderen Objekten, wie eben Warenshof erfolgte der schlüsselfertige Übergabeumfang wie im Vertrag festgelegt. Die Baumaterialien kamen dann sämtlichst von der DDR.

Für Objekte die gemeinsam im Rahmen des WV genutzt wurden, kam die DDR in einem Anteil von ca. 21 % an den Kosten auf. In dem Fall wo die sowj. Seite in ihrem Interesse ganz allein baute, wurden alle Mittel und Baugüter von denen gestellt, bis auf die Objekte und Leistungen der Versorgung, die sie nicht allein bauen konnten, weil sie in bestehende Anlagen oder Netze eingriffen (Heizung, Heizhäuser, Trafostationen, postalische Anbindungen). Hier erfolgte Bezahlung und Bau von uns, Betrieb und Nutzung von denen, je nach Vertragsfestlegung. In postalische Objekte konnten sie vertragsgemäß rein wenn das vorgesehen war (zum Beispiel ÜST Müncheberg) oder hatten eben auch keinen Zugang wenn das so sein sollte. Es wurde immer konkret vereinbart. Nutzen heisst ja nicht immer Zugang haben.

Da die sowj. Seite sich mit der Bauunion (später Spezialbau Potsdam) eine eigene Baubetriebshülle geschaffen hatte, gab es mehrere Gleise der Abstützung. Der SBP verfügte über eigene Kontingente die aber letzten Endes doch komplett im DDR Haushalt erwirtschaftet werden mußten, der aber zum grossen Teil nur für die sowj. Seite projektierte und baute. Ansionsten wurde nicht alles, aber das meiste von uns bezahlt.
Je nach Zeitpunkt mal mehr mal weniger. Wir hatten also neben unseren eigenen Streitkräften und dem Sicherheitsapparat noch die Last der GSSD zu grösseren Teilen zu finanzieren. Um die Frage konkret zu beantworten sollte man konkret auf das Bauvorhaben kommen, es war nicht in allen Zeiten an allen baustellen so odfer so, es war immer konikret im Detail etwas anders und es ging immer ums Geld.
Grüsse Hermann
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Zum Bauprocedere und zu den Kosten die da anfielen haben sich verschiedene Historiker geäußert. Ich persönlich finde, dass die Militärs unter ihnen mit ihrem Blickwinkel auf die Hintergründe das am Besten konnten. Neben dem teilweisen Nachwendegequäke einiger Jungdoktoranden zu allem und jedem, gab es natürlich bei der Stationierung selbst auch jede Menge Interessenkonflikte zwischen DDr und UdSSR auch wenn die öffentlich fast nie erkennbar waren. Dabei ging es um Souveränität , Kosten, andere Interessen und manchmal auch um die Frage, dass man als "Besatzer" sich auch nicht so aufführen sollte wenn man im Gegenbild derer die heir leben nicht so gesehen werden will.

Die Geschichte der Besatzungsmacht ist äusserst umfangreich und komplex. Was wir heute so lax als bauliche Besonderheiten plakatieren, war ebenso eine komplexe Geschichte wie die Frage obnb es sinnvoller war nach 1945 alles zu sprengen oder den Teil den man selber nutzen will behält oder wie auch immer. Dazu hatte nach 1945 nicht nur die SMAD und die GSBTD unterschiedliche Ansichten, sondern auch die Moskauer Führung an sich. Vor Ort, denn der Zar uist weit, sah das bei den Befehlshabern der Armeen bis zu den Landesverwaltungen der SMAD ganz anders aus.

Umfassender zu diesen Fragen findet man Auskunft in den Arbeiten von Oberst Hanisch.
Auszug:
Zitat:

Oberst a. D. Prof. Dr. sc. Wilfried Hanisch
Die spät hinterfragte Rechtsgrundlage für den Aufenthalt sowjetischer Truppen.

Zum Truppenstationierungsabkommen zwischen der Sowjetunion und der DDR vom 12. März 1957 und zu Problemen seiner Umsetzung
Teil 2 (Teil 1 ist in Information 12/2003 erschienen)

3. Probleme der Umsetzung des Abkommens - Fortschritte und Defizite

Wie nicht selten in der Geschichte anzutreffen, bestand ebenfalls bei dem
Stationierungsabkommen vom März 1957 und seinen genannten Folgeabkommen eine beträchtliche Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, d.h. zwischen Text und praktischer Umsetzung. Diese Eingangsbemerkung soll weder vorauseilende Pauschal-Absolution noch sonst irgendwie Entschuldigung sein, sondern lediglich der notwendigen Einordnung in das reale Leben dienen.
Obwohl manches selbst für den Außenstehenden bereits früher sichtbar wurdenicht
(zuletzt sogar wortwörtlich schon rein optisch angesichts der verfallenden
Gebäudesubstanz vieler sowjetischer Garnisonen), kam die ganze Dimension der
tatsächlichen Abweichung erst durch die schon genannte Analyse von 1988 zum
Vorschein und wurde von den damit beauftragten Fachleuten auch recht unverblümt und exakt benannt.

Teil 2 folgt
 
AW: Warenshof Kernwaffenlager GSSD

Teil 2
Daß eine solche Analyse erstmalig 31 Jahre nach dem Abschluß des Abkommens erfolgte, spricht Bände und weist ziemlich eindeutig auf eine der wesentlichen Ursachen für den zum Teil großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis des Abkommens hin die Scheu der obersten SED- und Staatsführung, Abweichungen oder offene Probleme unverzüglich aufzugreifen und auf oberster Ebene direkt zu einer Klärung zu bringen. Sicher wirkten darauf mehrere Faktoren ein, auch solche, die nicht von vornherein negativ zu werten wären, wie etwa der ehrliche Respekt vor den Leistungen der UdSSR als Befreier vom Faschismus und die Anerkennung der führenden Rolle der Sowjetunion im Bündnis, wenn auch propagandistisch schon allein verbal oft übertrieben. Zweifellos spielten dafür aber vor allem Realitäten eine Rolle, die erst beim und nach dem Zusammenbruch des „realen Sozialismus” im vollen Umfange sichtbar wurden. Dazu gehört die trotz aller Betonung der Souveränität der DDR tatsächlich gegebene Abhängigkeit von Moskau. Von Moskau hing nicht nur die Existenz der DDR als Staat ab, sondern auch der Verbleib der jeweiligen Parteiführung bzw. ihres ersten Mannes im Amt. Die oberste DDR-Führung wußte nur zu gut um diese Abhängigkeit und hat dies augenscheinlich bei Reibungsflächen mit der sowjetischen Führung in Rechnung gestellt. Sie kämpfte um eigene Positionen nur solange und soviel, daß ihrer eigenen Position beim „großen Bruder” dadurch kein irreparabler Schaden entstand. Umgekehrt belegte plötzlicher Wechsel in der obersten Führung die unausweichlichen Folgen der Mißachtung dieser Regel. Daher muß man offensichtlich bei der Ursachenfindung noch tiefer loten - bis auf Wesenszüge des damaligen stalinistischen Sozialismusmodells mit seinem Demokratiedefizit auf allen Gebieten und dem zunehmenden Realitätsverlust bei einem Großteil der obersten politischen Führung. Man darf aber auch solche Fragen wie persönlichen Mut und persönliche Konsequenz nicht außer acht lassen. Tatsächlich muß aus heutiger Sicht und zugleich aus Kenntnis der damals sonst üblichen Praxis schon verwundern, daß das SED-Politbüro der Unterzeichnung des Stationierungsabkommens und dem Abschluß eines Briefwechsels zu den genannten Fragen durch einen Beschluß vom 12. März 1957 lediglich zustimmte, (1) ohne durchgängig Festlegungen über die Umsetzung und Durchführung dieses Abkommens sowie über die Kontrolle darüber zu treffen - schließlich mußten die in den Verträgen enthaltenen Grundsätze möglichst umgehend durch Vereinbarungen bzw. Sonderabkommen der zentralen Staatsorgane der DDR mit der GSSD auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der DDR sowie durch innerdienstliche Bestimmungen untersetzt werden.

Begonnen worden ist damit relativ rasch – und zwar mit der schon genannten Vereinbarung vom Dezember 1957 über das Verfahren zur Regelung von materiellen Schadenersatzansprüchen. Nach jetzt vorhandenen Übersichten folgte relativ dicht noch am 26. November 1958 ein zwischen den Regierungen der DDR und UdSSR abgeschlossenes Protokoll über das Verfahren bei der Bereitstellung von Mark der DDR und deren Erstattung in transferablen Rubeln, in den 80er Jahren dann hinsichtlich des Umrechnungsverhältnisses mehrfach präzisiert. (2) Doch dann traten beträchtliche zeitliche Lücken ein - die Mehrheit der nachweisbaren ca. 50 Dokumente entstammt erst der zweiten Hälfte der 70er und der ersten Hälfte der 80er Jahre. Daraus ist ersichtlich, daß lange Zeit in vielen Fragen einheitliche zentrale und verbindliche Regelungen fehlten. Zwangsläufig ergab sich hieraus, daß dann auf kommunaler Ebene bzw. in den Betrieben jeweils Einzelentscheidungen getroffen werden mußten - nach den jeweiligen subjektiven Sichten vor Ort natürlich oft sehr unterschiedlich. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dort wie schon gesagt, ein Teil der als Verschlußsache eingestuften vertraglichen Grundsatzvereinbarungen gar nicht bekannt war. Doch damit war lange Zeit und nicht selten die exakte Einhaltung der abgeschlossenen bilateralen Verträge im täglichen Leben schon vom Ansatz her unmöglich. Allerdings gab es doch noch einen zusätzlichen Beschluß direkt auf jener Politbüro Sitzung vom 12.März 1957: Der zuständige Staatssekretär im Ministerium der Finanzen wurde beauftragt, dem Politbüro einen Bericht über die Höhe der damaligen Erstattungskosten für den Unterhalt der sowjetischen Streitkräfte vorzulegen. Sicher ist nicht uninteressant, welche Belastungen sich damals auf diesem Gebiet für die Volkswirtschaft der DDR ergaben. Neben den schon auf 50 Prozent herabgesetzten anteiligen Stationierungskosten von 800
Millionen Mark (3) wurden im Jahre 1957 seitens der DDR noch zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 199 Millionen Mark getragen.
Diese setzten sich wie folgt zusammen:
- 120 Millionen Mark als größter Posten für Bauvorhaben und laufende Instandsetzungen
der Kasernen und Wohnungen,
- 23 Millionen Mark als Miet- und Pachtzahlungen für durch die GSSD in Anspruch
genommene private und volkseigene Grundstücke,
- 8 Millionen Mark für die Wiederherrichtung zurückgegebener Objekte,
- 2,3 Millionen Mark an Entschädigungsleistungen für Kfz.- und andere Unfälle,
- 5,7 Millionen Mark für Manöverschäden und Sonstiges,
- 22 Millionen zum Ausgleich der Differenzen für Waren und Materialien zum
Industrieabgabepreis sowie
- 18 Millionen für sonstige Preisausgleiche und Tarifvergünstigungen bei Eisenbahn
und Post.
Das war also zeitlich vor dem Abkommen fixiert worden. Entsprechend der durch das Stationierungsabkommen neu entstandenen Lage wurde hierzu nunmehr durch das
Politbüro am 2. April 1957 beschlossen, daß die Bau-, Instandsetzungs- und Wiederherrichtungsmaßnahmen aus den Mark-Beträgen zu finanzieren seien, die die
sowjetische Seite im Tausch gegen Rubel erwarb, und daß die genannten Preisausgleiche künftig wegzufallen haben - die Regelungen dazu sollten gemäß Artikel 15 des Stationierungsabkommens im noch abzuschließenden Sonderabkommen (Inanspruchnahmeabkommen) getroffen werden. Außerdem hielt der Beschluß fest, daß Entschädigungsleistungen für Kfz.- und andere Unfälle sowie für Manöverschäden für die DDR-Seite künftig nicht mehr anfallen würden, da diese entsprechend Artikel 11 des Stationierungsabkommens durch die sowjetische Seite zu tragen seien. Gleichermaßen wurde darauf verwiesen, daß Lieferungen und Leistungen an die sowjetischen Streitkräfte in Zukunft zu den gleichen Bedingungen zu erfolgen hätten wie an die NVA der DDR. (4)
Es sollte sich jedoch bald herausstellen, daß es keinesfalls so leicht und selbstverständlich war, die Probleme - wie hier erwartungsmäßig formuliert - nach dem Geist und Buchstaben des Stationierungsabkommens zu lösen. Doch auch darauf war man ja eigentlich vorbereitet - schließlich sollte gemäß Artikel 19 des Stationierungsabkommens zur Regelung von mit der Auslegung und Anwendung des Abkommens zusammenhängenden Fragen eine „Gemischte deutsch-sowjetische Kommission" gebildet werden. Für ihre Arbeit hatte sie sich das schon kurz erwähnte Statut zu geben. Dieses „Statut der Gemischten deutsch-sowjetischen Kommission" (5) wurde am 7. Dezember 1957 gemeinsam verabschiedet. Es präzisierte die Zuständigkeit der Kommission für die Beratung und Entscheidung von:
- Fragen, die mit der Auslegung und Anwendung des Stationierungsabkommens
verbunden sind;
- Ansprüchen auf Ersatz materiellen Schadens, der den Institutionen und Bürgern der DDR oder dritter Staaten durch Handlungen oder Unterlassungen sowjetischer
Truppeneinheiten und ihnen angehörender Einzelpersonen bei der Ausübung dienstlicher Obliegenheiten zugefügt wurde;
- Ansprüchen auf den Ersatz materiellen Schadens, der sowjetischen Streitkräften, ihren Angehörigen oder deren Familienangehörigen durch Handlungen oder
Unterlassungen der Institutionen oder Bürger der DDR entstanden ist;
- Streitfragen, die aus Verpflichtungen sowjetischer Truppeneinheiten entstehen konnten und von
- Streitfragen, die aus Verpflichtungen staatlicher Institutionen oder Bürger der DDR entstehen konnten.
Die schon im Stationierungsvertrag fixierte Zusammensetzung aus je drei Vertretern wurde dahingehend erweitert, daß jede Seite noch Berater und Übersetzer hinzuziehen durfte.
Davon ausgehend setzte sich die Kommission wie folgt zusammen: (6)
Seitens der DDR - der Staatssekretär und Erste Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten;
- der Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung
und Chef der Rückwärtigen Dienste der NVA;
- der Stellvertreter des Ministers der Finanzen und
- ein Vertreter des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten
als Sekretär.
Seitens der UdSSR - der Botschafter der UdSSR in der DDR,
- der Oberkommandierende der GSSD und
- ein Gesandter der sowjetischen Botschaft als Sekretär.
Die Gemischte deutsch-sowjetische Kommission tagte mit jeweils wechselndem Vorsitz entweder im DDR-Außenministerium oder in der sowjetischen Botschaft in Berlin. Von 1957 bis 1987, also innerhalb von 30 Jahren, fanden aber lediglich 44 Sitzungen statt. (7) Das ist sehr wenig, wenn man das mit dem Aufgabenkreis der Kommission vergleicht und mit der ursprünglichen Festlegung des Statuts, daß die Sitzungen „mindestens einmal innerhalb von drei Monaten" (8) durchgeführt werden sollten. Dieser Passus ist in der Quelle aber handschriftlich in Klammern gesetzt und durch „jährlich" ersetzt worden mit dem Vermerk: „geändert in der 26. Sitzung am 18. 3. 1970". Im Unterschied zu der für den Nationalen Verteidigungsrat sehr gestrafften Vorlage machte die 1988er-Analyse in ihrer umfangreicheren Originalfassung diese Veränderungen in der Tätigkeit der „Gemischten deutsch-sowjetischen Kommission"
 
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