Bayerns Wildschweine strahlen noch immer
24. August 2005
TSCHERNOBYL-UNFALL
Bayerns Wildschweine strahlen noch immer
19 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl sind Tiere und Pflanzen in Deutschland zum Teil immer noch stark radioaktiv belastet. Bayerische Wildschweine strahlen gar immer stärker, wie das Bundesamt für Strahlenschutz jetzt herausgefunden hat.
Wildschwein: Manches Tier blickt in eine strahlende Zukunft
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DPA
Wildschwein: Manches Tier blickt in eine strahlende Zukunft
Salzgitter - Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat die Radioaktivität von Wildbret sowie von Pflanzen und Böden des Bayerischen Waldes messen lassen. Das Ergebnis: Noch immer leiden Tiere und Pflanzen unter der Strahlung, die 1986 durch den Atomreaktor-Unfall im Kraftwerk Tschernobyl freigesetzt wurde.
"Bei Wildschweinen steigt die radioaktive Belastung seit 1996 sogar wieder an", erklärte der Sprecher des BfS, Florian Emrich. Als Ursache für die Verseuchung gilt die Pilzart Hirschtrüffel, die auf dem Speiseplan von Wildschweinen steht. Rotwild sei dagegen weniger stark betroffen.
Der gemessene Mittelwert der radioaktiven Kontamination von Wildschweinfleisch im untersuchten Gebiet betrug laut BfS im vergangenen Jahr rund 6700 Becquerel Radiocäsium pro Kilogramm (Bq/kg). "Damit liegt die durchschnittliche Belastung von Wildschweinen um ein Vielfaches über dem Grenzwert zur Nahrungsmittelvermarktung von 600 Bq/kg Radiocäsium", erklärte Emrich.
Die Ursache der hohen Belastung liegt darin, dass die unter der Erde wachsenden Hirschtrüffel ein besonders guter Speicher für das radioaktive Cäsium sind, das nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor allem über Süddeutschland niedergegangen und langsam in tiefere Bodenschichten gewandert ist. In den Hirschtrüffeln selbst wurden im Schnitt 24.700 Bq/kg gemessen.
"Deshalb ist auch in den kommenden zwei Jahrzehnten nicht mit einem nennenswerten Rückgang der Kontamination von Wildschweinfleisch zu rechnen", sagte Emrich.
Deutlich niedriger belastet sind laut BfS dagegen Rehe und Rothirsche. Während bei Rothirschen mittlerweile der gesetzliche Grenzwert für die Vermarktung in der Regel unterschritten wird - 2003 übertraf keine Probe den Wert von 600 Bq/kg Radiocäsium -, betrug der bei Rehen gemessene Mittelwert im vergangenen Jahr noch 530 Bq/kg, mit deutlich höheren Werten im Herbst. Rehe ernähren sich in größerem Maße von höher kontaminierten Grünpflanzen wie Farnen und, je nach Jahreszeit, unterschiedlichen Pilzarten.
Wer für sich persönlich die Strahlenbelastung so gering wie möglich halten möchte, sollte nach Ansicht des BfS auf den Verzehr von vergleichsweise hoch kontaminierten Pilzen und Wildbret verzichten. Es sei aber "nicht dramatisch" wenn man gelegentlich ein Wildschwein-Gericht esse, sagte Emrich. Zudem seien Wildschweine aus anderen Gegenden Deutschlands weniger belastet.