Sonderausstellung: Roter Stern über Potsdam

martin2

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Ich wollte mir immer das Barabarini ansehen - aber in gewisser Weise bin ich ein Snob: Ich stelle mich nicht stundenlang draußen bei Wind und Wetter hin um sehr schöne Gemälde zu sehen. So weit geht die Liebe nicht. - Aber nun hat das Barbarini eine Ausstellung, die nicht so gut läuft, man darf sofort rein. Übrigens mit besagter Gattin, Herr @fernaufklärer. Das mal als Vorrede.

Ich schreite an der Seite der Gattin vom Hotel Mercure aus (neinnein, dahinter ist nur ein öffentlicher Parkplatz) zum Barbarini und sehe aus dem Augenwinkel, dass 70m links des Barbarini ein Haus ist, da steht in rot über dem Eingang "Roter Stern über Potsdam". Oha. In mir reifte ein Plan.

Als wir wieder aus dem Barbarini schritten, tat ich verwundert und vermeldete der Gattin, dass ich vor dem nun fälligen Kaffee ganz gern mal ganz kurz da drüben schauen wolle, nur gaaanz kurz. Die Gattin gewährte mir 10 Minuten und verdoppelte ... die pokert gern online :D

Ok, man löhnt fünf Euro für vier Räume und ein Video, welches wohl um die 40 Minuten gehen würde (nicht angesehen, Stichwort Gattin!). Die Sonderausstellung sagt direkt am Eingang, dass sie fragmentarisch bleiben muss. Ich sah jede Menge wirklich seltene, beeindruckende Artefakte. Ich dachte sofort an Falo, der wird doch nicht die Ausstellung mit seinem Bestand beliefert haben? Diese Artefakte waren thematisch wohlsortiert sowie gut beschrieben und eingeordnet. Also da war auf alle Fälle ein Museumsdidakt bzw eine darauf spezialisierte Firma am Werk. Jeder Interessierte kommt auf seine Kosten - und ich war tatsächlich erstaunt, dass da ganz ordentlich Leute rumliefen. Ok, für Profis ist das nicht, "wir" erfahren da nichts neues.

Der dortige Museumsshop ist keiner: Hinter einem Schreibtisch sitzt eine mürrische Mitarbeiterin, davor liegen auf Tischen Bücher. Erstaunt war ich, dass das Museum sich die Mühe gegeben hatte, thematisch zum Thema passende Bücher auszulegen. Die zugehörigen Buchautoren kenne ich alle ... persönlich. Also bis auf eins, da kannte ich weder das Buch noch den Autoren. Hätte ich kaufen sollen ... aber man weiß: Die Gattin wartet.

Ach, Link fast vergessen:
https://www.potsdam-museum.de/ausst...-fokus-sammlung-potsdam-unter-dem-roten-stern

P.S:
Die aktuelle Ausstellung im Barbarini war eher ... sagen wir mal so: So manche andere Großstadt hätte sich die Hände geleckt, aber der Großraum Berlin und insbesondere das Barbarini tritt mit einem anderen Anspruch an. Daher keine Schlangen draußen.
PP.S: Übrigens habe ich gelernt, wie wirklicher Snobismus geht, das Haus hat ja Hasso Plattner bezahlt: Die streichen tatsächlich für jede neue Ausstellung, also alle drei Monate, alle Wände neu.
 
Freut mich - viel Spaß!

Die Ecke ist insgesamt historisch ganz interessant. Ich hatte im Nachgang versucht nachzuvollziehen, was da eigentlich zur Wende stand und was da neu-alt ist. Denn es ist ja so, dass manches scheinbar Alte wie der Landtag nagelneu ist. Gleiches gilt für die komplette Gebäudezeile inklusive des Barabini.

Ok, von vorn:
Der 2. Weltkrieg hat da einen großen Haufen Schutt und Trümmer hinterlassen. Den Rest erledigten die dann nach 1945 zuständigen Machthaber: "Friede den Hütten, Krieg den Palästen". Landtag, wer braucht solche Quatschbuden des Imperismus schon? Kann weg. Bei der Gelegenheit wurde bis auf die Nikolaikirche (absolute Empfehlung Herr @fernaufklärer kurzen Blick reinwerfen!) alles abgeräumt. Selbst die Straße wurde verlegt - quer über das Schlossgrundstück.

Nun kommt etwas, was ich überhaupt nicht wusste, obwohl ich vor und nach der Wende wirklich regelmäßig in Potsdam war: Etwa an Stelle des Schlosses baute die DDR einen Neubau für das Hans-Otto-Theater (wohl). Zur Wende war der im Rohbau fertig - habe ich bewusst nie gesehen. Oder halt vergessen.

Nächster Machtwechsel. Darf man Sekretär sagen ohne verklagt zu werden? Na jedenfalls unter Stolpe wird nun wieder dieser Rohbau rückstandsfrei abgeräumt. Andererseits sind Theater wichtig in der "kleinen DDR": Genau da, wo heute die Häuserzeile mit den Barbarini steht, wurde eine wirklich riesige Blechhütte hingestellt - zeitweilige Spielstätte des Hans-Otto-Theaters. Da war ja Platz, da stand nix. Das kann man übrigens ganz gut in G-Earth nachvollziehen.

Hasso Plattner wollte sein Privatmuseum übrigens zunächst auf dem Gelände des Mercure bauen - was bedingt hätte, selbiges ehemalige Interhotel abzureißen. Das fand unter anderem Günter Jauch (auch Potsdamer) gut - so einige andere Potsadmer aber schlecht. Im Ergebnis steht dieser aus meiner Sicht wirklich schreiend hässliche senkrecht aufgestellte Schuhkarton da weiter. Was ich da tatsächlich nicht weiß: Was da bis 1945 stand.

Diese in der Verlängerung zur Stadt stehende grau-gelbe Betonburg ist übrigens weg. Da steht aktuell ein Bauzaun.

Augen auf in Straßenverkehr - ganz spannende Ecke!
P.S: Der Landtag hat unerwartet einen "Keller". Wenn man genau schaut, fällt das dem geschulten Auge auf.
 
Habe mir am Samstag die Ausstellung in Potsdam angeschaut (vielen Dank für den Hinweis an martin2), zuvor die Sonderausstellung im "Deutsch Russischen Museum" in Karlshorst. Beide anläßlich 25 Jahre Abzug der ...

In Potsdam haben mich auf einer betimmten Doku-Schautafel die vielen kleinen Photos von Mitte der 1990er und die supergroße "Wachbelehrungstafel" am Ausgang begeistert, sonst wenig neues. Die Mitarbeiterin an der Kasse war kompetent und sehr freundlich.

In Karlshorst habe ich etwas mehr gelernt. Und der Ausstellungskatalog ist sehr gut gemacht (bis auf einen kleinen Fehler, eine falsche Ortsangabe zum Fundort des ausgestellten Artefaktes. Die Blechtafel mit der "Minsk" ist nicht aus Jüterbog, sondern aus Altengrabow-Rosenkrug:

die Minsk.jpg

Sie diente zuletzt als Vordach einer Kantine, soweit der Korinthenkacker).

Meine knappe 60:40-Priorität: Karlshorst.
 
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