Sillamäe: Uranfabrik

Martin Kaule

Administrator
Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion war Sillamäe eine geschlossene Stadt und auf gewöhnlichen Karten nicht zu finden. Grund war die Atomindustrie, die auch Atomwaffen herstellte. Der Rohstoff Uran wurde zunächst in der Nähe abgebaut, später aus anderen Ostblockstaaten eingeführt.

Quelle: Wikipedia
Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Sillamäe

Ist darüber etwas bekannt? Wurde dort auch das Uran aus der DDR weiterverarbeitet?

Link zu Google Maps: http://maps.google.de/maps?q=Sillam...99634&sspn=1.216496,3.532104&vpsrc=6&t=h&z=13

Beste Grüße
Martin
 
Ist darüber etwas bekannt? Wurde dort auch das Uran aus der DDR weiterverarbeitet?

Ich zitiere dazu folgenden Text:
Sillamäe, once a quiet and cosy resort, began to interest Moscow after discoveries that uranium oxides could be obtained from local oil shale ore. In 1945 a conference attended by Stalin himself was held in the Kremlin, discussing options for raw material production for nuclear industry. An uranium enrichment facility was built to Sillamäe in 1947. The facility used oil shale as raw material at first, but later uranium ore would be imported from Czechoslovakia, Germany and Hungary. Uranium produced in Sillamäe constituted 25% of the whole uranium production of the Soviet Union. The facility was shut down in 1991, but Estonia wrestled with the rehabilitation of the radioactive waste until 2008.
Quelle:
Stopp! Piiritsoon! - Pühendatud Eeste Rannarahvale
Stop? Border Zone! - Dedicated to the Estonian coastal folk
Von Külvi Kuusk und Maivi Kärginen, 2013 erschienen
ISBN: 978-9949-9527-0-0, Seite 37

Überarbeitete Automatikübersetzung:
Sillamäe, einst ein ruhiger und gemütlicher Ferienort, hat begonnen, Moskau nach Entdeckungen zu interessieren, dass Uranoxyde bei lokalem Ölschiefertonerz erhalten werden konnten. 1945 wurde eine Konferenz, an der Stalin selbst teilnahm, im Kreml abgehalten, um Optionen für die Rohstoffproduktion für die Kernindustrie zu besprechen. Eine Fabrik zur Urananreicherung wurde in Sillamäe 1947 gebaut. Die Fabrik hatte zunächst Ölschieferton als Rohstoff aufbereitet, aber später wurde Uranerz von der Tschechoslowakei, Deutschland und Ungarn importiert. In Sillamäe erzeugtes Uran hat 25 % der ganzen Uranproduktion der Sowjetunion eingesetzt. Die Fabrik wurde 1991 geschlossen, aber Estland hat mit der Rehabilitation der radioaktiven Verseuchung bis 2008 gerungen.
 
Ist darüber etwas bekannt? Wurde dort auch das Uran aus der DDR weiterverarbeitet?

Im Buch ‚Uranbergbau im Kalten Krieg: Die Wismut im sowjetischen Atomkomplex Band 1: Studien‘, 2011, Verlag Ch. Links, R.Boch, R.Karlsch, ISBN-10: 3861536536 ist dazu angeführt, daß das Kombinat Nr.7 in Sillamäe 2891 Beschäftigte hatte und ab 1947 mit 11000 Bauarbeitern errichtet wurde.

In die UdSSR wurden von der SDAG Wismut sowohl Uranerz als auch aufbereitete Uranvorprodukte exportiert. Die Transporte und deren Sicherung erfolgte von den der SDAG Wismut zugeteilten sowjetischen Truppen. Ein expliziter Weiterverarbeitungsort ist nicht angegeben. Es sind insbesondere nach 1949 mehrere dafür vorgesehene Kombinate angegeben, mehrere davon östlich des Ural.

Die von @Büttner im vorigen Beitrag erwähnte Konferenz wird auch aufgeführt. Im Ergebnis dessen wurde am 20.08.1945 ein Sonderkomitee zur Leitung aller Arbeiten zur Nutzung der Atomenergie geschaffen. Vorsitzender wurde Lawrenti P.Berija. Zugleich wurde die erste Hauptverwaltung beim Rat der Volkskommissariate -PGU- gegründet. Dieser wurden alle Kompetenzen ... beim Bau der Atombomben zugeteilt.

Grüße Frank
 
Der Ort Sillamäe sagt mir etwas. Was mich verwundert ist, dass es eine geschlossene Stadt gewesensein soll. Währen meines Studiums in Leningrad Anfang der 70-er hatte ich eine Freundin, die auch dort studierte und aus Sillamäe kam. Sie fuhr des Öfteren über das Wochenende mit dem Bus (Direktverbindung Leningrad-Sillamäe) zu ihren Eltern nach Sillamäe und hat mehrmals versucht, mich zu überreden mitzukommen. Ich glaube nicht, dass sie das getan hätte, wenn der gesamte Ort eine geschlossene Stadt, sprich ein Sperrgebiet gewesen sei. Dann wäre nämlich der Bus (und damit natürlich auch seine Insassen) bei der Ein- und Ausreise kontrolliert worden. Ich würde eher annehmen, das die Uranfabrik und die eigentliche Stadt Sillamäe räumlich getrennt waren und nur die erstere Sperrgebiet war.
 
Blick von oben sagt eine räumliche Trennung zwischen Ort und Fabrik durch einen kleinen langgestreckten See aus. Aber für eine Aufbereitungsanlage (?) befand sich die Wohnzohne doch arg dicht daneben. Im Westen war das möglicherweise auch so.
 
Was bedeutet Sperrgebiet, ein gebiet das für jemand nicht zugänglich ist. Sillamäe und auch mehrere andere Städte während des sovieticshes Okkupationens waren sperregbiet für Auslander und auch für Estländer. Zum beispiel in Tartto (Dorpat) köntte Auslander nicht übernachten weil da gab es ein grosses Militärflugzeug. Wie es eigentlich in Sillamäe war weiss ich nicht genau, aber glaube nicht dass da ein Ausländer könnte übernachten. Bussen könnte man natürlich an die Grenze kontrollieren.

Heute gibts es in Sillamäe ein grosses Pool gefüllt mit radioaktive Flüssigkeit die stammt von Uranfabrik.
 
Interessant auch das mit Tartu. Eigentlich war da nur ein Flugplatz der Fernfliegerkräfte, Stationierungsort eines mit Tu-22M3 ausgerüsteten Fernbombenfliegerregiments. Eigentlich ganz banal. Aber zumindest im Baltikum einmalig. Das deswegen gleich keine Ausländer bzw. Touristen in der Stadt übernachten konnten?

In Sillamäe gibt es ein Museum was diesen Aspekt Sperrzone usw. auch thematisieren müsste. Aber ist halt die letzte Ecke von Estland:
http://www.sillamae-muuseum.ee/index.php/ru/

Nachtrag:
Nichts ganz unspannend die Örtlichkeit einer Außenstelle (?) des oben genannten Stadtmuseums:
http://sillamae-muuseum.ee/index.ph...em/sillam-e-museum-branch-in-house-of-culture
Es ist in einem Luftschutzraum bzw. einem Luftschutzbunker unter, am Kulturhaus untergebracht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessant auch das mit Tartu. Eigentlich war da nur ein Flugplatz der Fernfliegerkräfte, Stationierungsort eines mit Tu-22M3 ausgerüsteten Fernbombenfliegerregiments. Eigentlich ganz banal. Aber zumindest im Baltikum einmalig. Das deswegen gleich keine Ausländer bzw. Touristen in der Stadt übernachten konnten?

Na ja, das sollte man nicht überbewerten, nur weil es in Tartu eine Fliegerbasis und eine RTB der Fernflieger gab. Grundsätzlich gab es eine Vielzahl geschlossener Städte, sei es nun Kaliningrad oder Gorki oder was auch immer. Es gab auch Ortschaften wie z.B. Kurtschatow, welche noch nicht einmal auf einer Karte verzeichnet war.
Wenn es um Geheimhaltung ging waren die Sowjets sehr sensibel, erst recht wenn es sich um nuk. Anlagen, Testgebiete etc. gehandelt hat.
 
Also alles "halb so schlimm". Keine Ahnung wann es mich wieder nach Estland führt ab Sillamäe steht damit ab sofort - für mich - auf der Zielliste. Vielleicht gibts aber schon jemanden der bereits dort war und will uns teilhaben lassen.
 
Vielleicht gibts aber schon jemanden der bereits dort war und will uns teilhaben lassen.

Hier gibt es einge Fotos und Infos:

http://coldwarsites.net/country/estonia/sillamae-a-closed-military-town-sillamae-museum/

Sillamäe produced over 100,000 tons of uranium for almost 70,000 nuclear weapons. It was here that the uranium was refined for the Soviet Union’s first nuclear bomb. Uranium production stopped in 1990. Today, the factories are focused on producing rare metals and are owned in cooperation with the Estonian State, an Estonian company and some foreign companies.

Ufffff!

BG
Martin
 
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