Pionierorganisation: Auflösung?

Martin Kaule

Administrator
Hat jemand genaue Kenntnisse wie / unter welchen Umständen die Pionierorganisation der DDR aufgelöst wurde? Was passierte mit dem Archiv und den Mitgliederakten- / Daten?

Im Netz fand ich lediglich die Information das die Pionierorganisation der DDR im August 1990 aufgelöst wurde, aber nicht über den Verbleib entsprechender Daten.

BG
Martin
 
Martin,
möglich scheint Folgendes » die PO war formaler Bestandteil der FDJ. Die PO wurde offiziell aufgelöst, die FDJ nicht. Dies hängt wohl auch mit der durchgehenden Existenz einer rudimänteren FDJ in den alten Ländern zusammen. In Wikipedia findet man zur weiteren Verwaltung von Teilen der FDJ-Strukturen dies »
Die hauptamtliche Struktur brach teilweise ungeordnet zusammen, teilweise ergriffen Mitarbeiter die Initiative und wickelten ihre Einrichtungen und Gliederungen selbsttätig ab. Bei den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 trat die FDJ in Form einer Listenvereinigung mit anderen Jugendverbänden als Alternative Jugendliste an. Diese konnte jedoch kein Mandat erringen.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Vermögen der FDJ unter die Verwaltung der Treuhandanstalt, der späteren Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, gestellt. Die Treuhand-Anstalt übernahm den größten Teil des Grundbesitzes und Barvermögens der FDJ. Zusätzlich sollte die FDJ nach den gesetzlichen Vorgaben der Treuhand Steuern auf die Zinserträge des durch die Treuhand verwalteten Vermögens (ca 300.000 DM) tragen. Diese Bestimmung bedrohte die FDJ existenziell. Schließlich wurde ein Vergleich geschlossen.

Wahrscheinlich sollte man da weiter nachhaken.

wikipedia » FDJ

Grüße Frank
 
Dies hängt wohl auch mit der durchgehenden Existenz einer rudimänteren FDJ in den alten Ländern zusammen. In Wikipedia findet man

DJ,
das klingt ja sehr interessant/spannend. Kannst Du zu der durchgehenden Existenz der FDJ in den alten Ländern evtl. etwas näheres sagen?

Martin,
als Tip, evtl. sollte man mal direkt an der Quelle nachhaken, also bei der FDJ nicht bei Wikipedia. Dort auf der Website steht auch einiges zur Geschichte, zB über das Verbot der FDJ in den alten Ländern seit 1951 (das bis heute nicht aufgehoben ist).

Gruß M.
 
Zur Info, Maus hat recht. Die FDJ ist nach einem Urteil des Bundesverfassunggericht aus dem 1978 in der Bundesrepublik alt verboten. Hing mit dem KPD Verbot zusammen. Galt als verfassungsfeindliche Organisation. Diese Regelung wurde durch den Einigungsvertrag mit auf die neuen Bundesländer übernommen.
Auswirkung: 1996 wurden 2 Abiturienten mit FDJ Bluse am letzten Schultag auf dem Bahnhof Strausberg Nord vom damaligen BGS festgenommen und später angeklagt. Klagegrund: Tragen von Abzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen!

Das gilt bis heute! Also das "blaue Fahnentuch" nur noch zu Hause tragen :)

@Martin: das Bundesarchiv in Marienfelde hat einiges an Unterlagen. Ein Teil der Mitgliederunterlagen des Bezirkes Berlin lagern im Landesarchiv. Sind leider nicht aufbereitet, daher schwer zugänglich.

Jogimaster
 
Vielleicht hilft das weiter:

"Im November des Jahres 1988 erklärt der Vorsitzende der Pionierorganisation seinen Rücktritt. Neue und damit letzte Vorsitzende wird Birgit Gappa. Sie leitete im Auftrag des Zentralrates der FDJ zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsgruppe zur Reformierung der Pionierorganisation. Tage zuvor fand am Vorabend des 40. Jahrestages der Gründung der DDR der traditionelle Fackelzug der FDJ statt auf denen die Rufe "Gorbie" ertönten. Im August 1990 wurde die Pionierorganisation "Ernst Thälmann" ohne Beschluss aufgelöst. Seit dem gibt es in Deutschland keine Pioniere mehr."

Quelle: http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Pionierorganisation_Ernst_Th%E4lmann.html#Auflösung

Gruß Sven!
 
Auswirkung: 1996 wurden 2 Abiturienten mit FDJ Bluse am letzten Schultag auf dem Bahnhof Strausberg Nord vom damaligen BGS festgenommen und später angeklagt. Klagegrund: Tragen von Abzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen!
Nanana, war doch Dein Abi-Jahrgang, oder?

@Martin: das Bundesarchiv in Marienfelde hat einiges an Unterlagen. Ein Teil der Mitgliederunterlagen des Bezirkes Berlin lagern im Landesarchiv. Sind leider nicht aufbereitet, daher schwer zugänglich.

Danke für den Tipp. Da werde ich mal ansetzen und auch parallel versuchen Fr. Gappa zu kontaktieren.

BG
Martin
 
Diese Regelung wurde durch den Einigungsvertrag mit auf die neuen Bundesländer übernommen.
Auswirkung: 1996 wurden 2 Abiturienten mit FDJ Bluse am letzten Schultag auf dem Bahnhof Strausberg Nord vom damaligen BGS festgenommen und später angeklagt. Klagegrund: Tragen von Abzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen!
Das gilt bis heute! Also das "blaue Fahnentuch" nur noch zu Hause tragen :)

Hallo jogimaster !
Könntest Du bitte Deine Aussage auch an Hand von Quellen bestätigen ?
Mir selbst ist nur bekannt,das die FDJ-West verboten wurde/ist.
Die FDJ besitzt sogar heute noch eine eigene HP.
Die Abzeichen der FDJ-West sollen ähnlich der Ost-FDJ gewesen sein-aber ein bischen anders.
Meines Wissens nach wird das Ärmelabzeichen der FDJ-Ost nicht als Verfassungsfeindliches/verbotenes Symbol eingestuft.

Gruß Helge
 
Hallo jogimaster !
Könntest Du bitte Deine Aussage auch an Hand von Quellen bestätigen ?
Mir selbst ist nur bekannt,das die FDJ-West verboten wurde/ist.
Die FDJ besitzt sogar heute noch eine eigene HP.
Die Abzeichen der FDJ-West sollen ähnlich der Ost-FDJ gewesen sein-aber ein bischen anders.
Meines Wissens nach wird das Ärmelabzeichen der FDJ-Ost nicht als Verfassungsfeindliches/verbotenes Symbol eingestuft.

Gruß Helge

guten morgen zusammen,

hab dazu was gefunden


grüße peat

@ www.fdj.de

DER BUNDESMINISTER DES INNERN

Geschäftszeichen (bei Antwort bitte angeben) ( (0228) Datum
IS 1 - 619 311/3 681 - 4415 11. Juli 1991
..........................................................................................................

Der Bundesminister des Innern, Postfach 170290, 5300 Bonn 1
Dienstgebäude Nr. 1

Freie Deutsche Jugend
z.Hd. v. Herrn Bundesvorsitzenden
Jens Rücker
Unter den Linden 36

0-1086 Berlin





Sehr geehrter Herr Rücker,

ich bestätige den Eingang Ihres Schreibens, das am 19. Juni 1991 hier eingegangen ist.

Durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 1954 (BVerwGE 1, 184 ff.) wurde die ,,Freie Deutsche Jugend in Westdeutschland" wegen der Verfassungswidrigkeit ihrer Zielsetzung verboten. Die Entscheidung erging - vor Inkrafttreten des Vereinsgesetzes - auf Antrag der Bundesregierung gemäß Artikel 9 Abs. 2 Grundgesetz (GG), § 129 a Strafgesetzbuch (StGB) damaliger Fassung.

Die Aussagen in der Urteilsbegründung belegen nach hier vertretener Ansicht, daß das Verbot nur die FDJ in Westdeutschland als selbständige Teilvereinigung betrifft. Die FDJ in der ehemaligen DDR ist von den Urteil nicht erfaßt, die Verfassungswidrigkeit ihrer Zielsetzung war nicht Streitgegenstand, auch wenn sich das Verbot der FDJ in Westdeutschland auf eine Beurteilung von Programm und Zielsetzung der FDJ insgesamt bezog.

Die FDJ der ehemaligen DDR ist auch keine Nachfolge- oder Ersatzorganisation der FDJ in Westdeutschland (§§ 8. 20 Vereinsgesetz). Eine Nachfolgeorganisation muß neben der Fortsetzung der verfassungsfeindlichen Zielsetzung Personen- und Organisationsidentität mit der verbotenen Vereinigung aufzeigen. Dies ist in Bezug auf die von Ihnen vertretene Vereinigung nicht der Fall.

Die FDJ (Ost) ist auch keine Ersatzorganisation. der verbotenen Vereinigung. Die verfassungswidrigen Bestrebungen der FDJ in Westdeutschland waren auf eine Veränderung der politischen Verhältnisse in der alten Bundesrepublik gerichtet Die FDJ in Westdeutschland war ein Instrument der Westarbeit der FDJ, das nach dem Verbot so nicht weitergeführt wurde.

Die von Ihnen geleitete fdj ist daher von dem Verbot aus dem Jahre 1954 nicht betroffen.

Ich möchte jedoch klarstellend darauf hinweisen, daß die ,,FDJ in Westdeutschland" weiterhin rechtskräftig verboten ist. Nach den oben zitierten gesetzlichen Regelungen ist es damit auch verboten, Ersatz- oder Nachfolgeorganisationen dieser Vereinigung zu bilden. Der Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot ist nach § 85 StGB unter Strafe gestellt. ebenso die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB) und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB). Daher ist das Tragen von Kennzeichen der verbotenen ,,FDJ in Westdeutschland" strafbar.

Für ein von Ihnen gefordertes gesetzgeberisches Signal sehe ich in Anbetracht der Sach- und Rechtslage kein Bedürfnis. Die gegenwärtige Regelung genügt den bestehenden Anforderungen und führt entgegen ihrer Auffassung zu keiner Kriminalisierung der Mitglieder der fdj.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag





Bracht
 
@Martin K.

genau, meine Abiklasse :)

@helge
wie gerade erwähnt, meine Abiklasse, die Namen der beiden Personen sind mir bekannt, Kontakt habe ich leider keinen mehr.
Die Auskunft von peat ist soweit korrekt. 1992 wurde das vom Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Man bezog sich aber immer auf die FDJ und nicht auf die FDJ-Ost von Herrn Rücker (auf die bezog sich die Anfrage von 1991). Herr Rücker hat 1990 nach dem Vereinsgesetz eine "neue" Organisation angemeldet. Es handelt sich dabei nicht um die FDJ, in der hier einige Mitglied waren. Diese sehr nette Trennung wurde dort 1992 auch festgelegt. Ich grabe mal in der Jurisdatenbank. Ist halt juristische Aufarbeitung.

Jogimaster
 
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