Lettland: Flugplatz Jelgava

Moin, da ich hier keine Eintragung zu diesem Ort habe aufstöbern können, dazu jedoch paar Worte zu verlieren ersuche, fang ich mal ein neues Thema an.

Da ich keine Fakten bezüglich Infrastruktur, Nutzungsgeschichte, etc. zu nennen vermag, beschränkt sich mein Beitrag hier auf einen bloßen Besuchsbericht, der für uns... unerwartet ausfiel. Den Flugplatz betraten wir vom östlichen Landebahnende aus. Etwa bis mittlerer Höhe der Piste gelaufen, dann links ab auf einen der Rollwege – da erblickten wir ein augenscheinlich flugfähiges Ultraleichtflugzeug im Unterstand.. Dann nochmal rechts ab – und da erblickte uns wiederum mit grimmigem Blick ein in der Türschwelle des wie geleckt aussehenden Towergebäudes stehender Mann, der offensichtlich zum Gelände zugehörte. An den Fensterbrettern hingen Blumenkästen, Autos standen da mitsamt zugelassenem Motorsegler. Da war klar: Das Areal ist gar nicht so verlassen wie gedacht, wird wohl noch fleißig genutzt. Also wieder weg.

Dabei blieb es allerdings nicht. Wir waren fast wieder an dem Punkt, von wo aus wir das Gelände betraten und folglich reibungslos verschwunden wären, da hörten wir jäh Rufe im Gebüsch. Nicht, wie ihr jetzt vermuten würdet, sondern wie so ne Oma, die zu Kaffe und Kuchen ruft. Ja so ähnlich war das dann auch, denn uns fing eine etwa 60-jährige Frau auf einem Fahrrad ab und fragte tatsächlich ganz freundlich und ähnlich verdutzt wie wir, was wir denn da suchen. Haben uns kurz erklärt und kurzerhand schon in einem regen Gespräch wiedergefunden. Die Frau erzählte, sie wohne ganz in der Nähe und schaue immer mal nach dem Linken und Rechten vor Ort. Ihr Bekannter habe uns entdeckt und prompt die „Alarmrotte“ benachrichtigt. Da wir offensichtlich nicht wussten, dass der Flugplatz das alles andere als verlassen ist, hat sie uns mal was darüber aus dem Nähkästchengeplaudert - unterm Strich:​
  • Mehrere Freizeitflieger gestalten dort wochenends in der Saison Flugbetrieb.​
  • Die lettische Luftwaffe hat dort letztes Jahr im Rahmen der überregionalen Militärübung "Namejs 2023" im September des Jahres eine Übung abgehalten und sieht vor, dies von nun an jedes Jahr zu tun. Im Laufe dieses Prozesses sichern die Truppen das Gelände weiträumig, es werden Flugbewegungen auf Behelfsflugplätzen (dafür dient der FP Jelgava) mit Hubschraubern und Flugzeugen trainiert. Die Bezeichnung der Übung ist "Namejs" mit jeweiliger Jahreszahl dran und findet immer einmal jährlich von September bis Anfang Oktober statt, in deren Rahmen die Landesverteidigung geübt wird. Es werden Verlegungen im größeren Stil mittels Straßenmarsch absolviert, im ganzen Land werden sogar außerhalb von Truppenübungsplätzen Manöver abgehalten - mitunter wird Häuserkampf in Riga auf offener Straße geübt.​
  • Die Polizei nutzt die lange Flugplatzpiste für Polizeischülerausbildung, konkret für die Übung von Blaulichtfahrten sowie Zugriffen aus dem Straßenverkehr heraus. Aus diesem Anlass sei die Polizei erst vorgestern vor unserem Besuch da gewesen, erklärte uns die Frau.​
  • Als weitere staatliche Einrichtung ist auch die Feuerwehr Mitnutzer. Diese nutzt die Länge, Ebene und Befestigung der Piste für das Aus- und Aufrollen ihrer Schläuche nach Einsätzen, nötigen Intervallen oder zu Übungszwecken.​
  • Eigentlich ist ein Solarpark im westlichen Teil des Geländes in Planung. Gerodet, entsiegelt und geebnet ist dort schon alles, wie man an meinen Aufnahmen sieht, jedoch bleibt die Realisierung aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten sowie angeblichen Korruptionssachen vorerst aus.​
Soviel dazu also. Die Wahrscheinlichkeit, dort aktive Einsatzkräfte anzutreffen ist somit wohl weitaus höher als die, noch etwas interessantes Zeitgeschichtliches zu entdecken. Zudem habe ich über all diese Tatsachen bzw. Umstände in der Lokalpresse keinerlei Ausführungen finden können. Bis auf verpixelte Aufnahmen der lettischen Luftwaffe auf instagram, die einen ihrer Blackhawks sowie eine An-2 beim Abflug aus Jelgava zeigen. Gleicht die Aufnahmen mal ab - das ist der Platz.

Es gilt also meine Anti-Empfehlung! Nutzt die Zeit im Baltikum lieber für was anderes, wenn ihr keine unverhofften Bekanntschaften u. a. mit der stocksteifen lettischen Staatsgewalt machen wollt. Die Milchköppe da machen nen riesen Schiss wegen jeder lächerlichen Nichtigkeit.

Liebe Grüße!​
 

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Kurz zur militärische Nutzung, da war zumindest in den achtziger Jahren eine Hubschrauberstaffel stationiert. Auf dem Flugplatz selbst war zumindest meine Wenigkeit nur einmal, kurz nach der Jahrtausendwende. Auch damals fand dort schon Flugbetrieb der allgemeinen Luftfahrt statt.
Möglicherweise hat der Flugplatz in den siebziger oder achtziger Jahren eine Grundinstandsetzung oder Modernisierung erfahren. Die PAG-Platten sind wohl das Ergebniss davon. Insgesamt war der Flugplatz nur alleine für die Hubschrauberstaffel viel zu groß. Möglicherweise war es zusätzlich auch ein Ausweichflugplatz für die Front- und Transportliegerkräfte gewesen.
Damals konnte man dort ein Schema der Flugbetriebsflächen fotografieren, dieses zeigt lt. meiner Erinnerung die alten und die neuen Flugbetriebsflächen. Da wo sich die Abstellpositionen der Hubschrauber befanden ist heute alles zugewachsen.
Die Kaserne und Wohnzone waren damals völlig unklar. Es gibt Verdachtsflächen aber die Nachnutzungen (Stadtrand!) erleichtern die Recherche nicht unbedingt.
Besten Dank für den umfangreichen und ausführlichen Bericht. Und für ein neues Schimpfwort ;-)
 
Grüß Dich, Stefan. Vielen Dank für Deine Rückmeldung und hilfreiche Auskunft, das freut! Jetzt wo Du die Helikopter erwähnt hast, klingelt es bei mir auch - da hab ich irgendwo mal was drüber gelesen. Und ja, mir erscheint das auch sehr merkwürdig, dass auf so nem Regionalflughafen bloß Helis gewesen wären. Die Nutzung als NLP ist daher naheliegend, clever kombiniert. Und immerhin ein Trost, dass teils nicht nur ich bezüglich dem Platz im Düsteren tappe, denn die Ungewissheit über die vermutlich nicht klein ausgefallene Wohnzone mit Kasernenbereich ist wirklich mysteriös.
 
Mehr Nachnutzung als in dem Schuppen geht ja gar nicht mehr! Au Weia. Aber eine plausible Theorie. Da auf der großen Betonfläche, wo heute die ganzen Busse sind, wird dann wohl entsprechend Kfz-Bereich mit Tankstelle, usw. gewesen sein?
 
Die Start-/Landebahn scheint im Jahr 2010 von 2500 auf 800 Meter Länge zurückgebaut worden zu sein, nachdem sie in den 1980ern verlängert worden war. Dazu ein Link (KNAB ist die oberste lettische Antikorruptionsbehörde):

Laut Wikipedia war das Objekt ein "Backup" für den Flugplatz Tukums. Stellt sich mir die Frage, ob es in Jelgava auch ein Backup für die Lagerung von Atomsprengköpfen wie in Tukums gab?
 
(Kein Sonderwaffenlager für Atombomben in Jelgava)
Lettland erreichte im Corruption Perceptions Index (CPI) 2024 einen Indexwert von 59 Punkten und belegte damit Platz 38 von 180 untersuchten Staaten.
 
Bei Google Earth von 1986 sieht das (schemenhaft) anders aus.
Für diese eine Hubschrauberstaffel wird es vielleicht nicht so viel Infrastruktur gegeben haben vergleichsweise. Veilleicht war nur ein Minimum an Technik direkt am Flugplatz untergebracht. Der Rest irgendwo in den anderen Kasernen in der Stadt. Nach so langer Zeit ist das nicht so einfach das alles noch zuzuordnen.
 
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