Kassel: Zivilschutzanlage unter der Ingenieursschule

Martin Kaule

Administrator
Dass man keine Unterlagen zu den Schutzräumen hat wundert mich. Für mich sieht das nach so genannten Schulschutzräumen aus, sprich geschützte Keller unter Gebäuden von Bildungseinrichtungen. Der Bau wurde vom Bund und den Ländern gefördert.
Die RWTH Aachen beispielsweise hat einige davon, einen konnte ich mir auf Nachfrage ansehen. Die Ausstattung der gezeigten Schutzkeller stammt aus den Zeiten des kalten Krieges und auch das abgebildete Gebäude wurde augenscheinlich in dieser Zeit errichtet. Die Anlagen wurden schon bei der Errichtung geplant, das war auch nichts geheimes, somit sollten sich die Unterlagen in den "normalen" Liegenschaftsakten" finden. An der RWTH Aachen konnte man mir sofort einen Grundriss ausdrucken und die entsprechenden Räumlichkeiten sind dort auch auf den Fluchtwegsplänen verzeichnet und sogar entsprechend benannt.
Die Ausstattung differiert. Immer vorhanden sind Gasschleusen, Notausstiege und (Schutz-)Lüftungsanlagen.
Beim Bau von Schutzräumen auf dem Gebiet der Bundesrepublik wurde (wird?) zwischen Bauten des Grundschutzes und des verstärkten Schutzes unterschieden.
Grundschutz: Schutz vor herabfallenden Trümmern (15 kN/ m²), Luftstoßbelastungen von bis zu 0,3 bar, Schutz vor Feuer und radioaktiver Strahlung/ Fallout, sowie chemischen und biologischen Kampfstoffen.
Verstärkter Schutz: wie oben, nur Luftstoßbelastungen von bis zu 3 bar (in den 50er Jahren noch 6 bis 9 bar).
Man hört immer wieder die Begriffe "Atombunker", das ist aber irreführend, weil übertrieben. Keine der Zivilschutzanlagen hätte einen Treffer einer Atombombe überstanden, auch nicht einen in der Umgebung. Die Anlagen hatten maximal Schutz wie oben beschrieben geboten. Bezüglich der Luftstoßbelastung muss festgestellt werden, dass WK II Anlagen hier häufig widerstandsfähiger ausgelegt waren.
Mittlerweile dürften die meisten Schulschutzräume entwidmet worden sein. Hier ein Beispiel aus Düsseldorf:
http://www.brd.nrw.de/wirueberuns/Amtsblatt/2012/Amtsblatt_18_2012.pdf

Gruß Klaus
 
Klaus Die Bunker wurden zu einer Zeit gebaut da Nannte sich der Laden Bundesluftschutzverband / Bundesverband für den Selbstschutz zu der Zeit waren die Bauvorschriften noch nicht in Kraft.
 
Klaus Die Bunker wurden zu einer Zeit gebaut da Nannte sich der Laden Bundesluftschutzverband / Bundesverband für den Selbstschutz zu der Zeit waren die Bauvorschriften noch nicht in Kraft.

Mir liegen die "Richtlinien für Schutzraumbauten Fassung Juli 1955" herausgegeben vom Bundesministerium für Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Inneren vor. Die Richtlinien gliedern sich in die
- Richtlinien für Schutzbauten A, B, C,
- Richtlinien für Schutzbunker,
- Richtlinien für Schutzstollen,
- Richtlinien für Belüftung von Schutzraumbauten,
- Richtlinien für Abschlüsse von Schutzbauten.

Zum Schutzumfang wird folgende Aussage getroffen:

Schutzbauten schützen gegen
2.1 Wirkungen von Sprengbomben, wenn der Schutzbau außerhalb ihrer unmittelbaren Wirkungsbereiche (Sprengtrichter) hegt;
2.2 Einsturz- und Trümmerwirkung von Gebäuden;
2.3 atomare, biologische und chemische Kampfmittel;
2.4 Brandwaffen und Brandeinwirkungen
2.41 bei Schutzbauten A und B bei längerer Dauer;
2.42 bei Schutzbauten C bei kürzerer Dauer.
2.5 Wirkungen von Atombomben bei Luftdetonation
2.51 bei Schutzbauten A bis zu einem Höchstüberdruck von 9 atü (90 t/m2), Bild 1 und 2;
2.52 bei Schutzbauten B bis zu einem Höchstüberdruck von 3 atü (30 t/m2), Bild 4 und 5;
2.53 bei Schutzbauten C bis zu einem Höchstüberdruck von 1 atü (10 t/m2), Bild 6 und 6a.

Wie gesagt, die oben beschrieben Anlage ist ein als Schutzbau ausgelegter Keller eines Gebäudes, wie man ihn mehrfach in jeder größeren Stadt der alten Bundesrepublik findet. Trotz des technischen Fortschritts haben sich über die Jahre die grundlegenden Konstruktions- und Ausstattungsmerkmale nicht wesentlich geändert. Nach der Errichtung und Ausstattung blieben die Anlagen meist in dem ursprünglichen Zustand und durften auch nicht baulich verändert werden.

Die im Bericht zu sehenden Details zeigen typische Einbauten aus den 50er Jahren (Lüftung, NEA). Auch hierzu gibt es Unterlagen die die Geräte beschreiben, bei Lüftung wurden in der Regel Geräte der Firma ARTOS oder Piller genutzt, Schutzfilter stammen wie gehabt von Dräger oder Auer... ). Auch hier gibt es entsprechende Unterlagen, wie die "Ausführungsbeispiele zu den Richtlinien für
Belüftung von Schutzraumbauten".

Gruß Klaus
 
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