AW: NVA Objekt Nähe Rüdersdorf...
Hallo Männer,
Weiter mit der FSZ Kagel. Ich habe mir noch einmal die Bilder von Martin und Fernaufklärer angesehen. Der "Aussichtsturm" war überdacht und für die Wachposten vorgesehen. Das vom Fernaufklärer gezeigte zivile Gebäude wurde ca. 1971 über den westlichen Bunkereingang gebaut und diverse Funktionsräume aus dem "Ziegelbau" dorthin verlegt (Küche usw.). Die hinter der Garage zu sehenden Auspuffrohre wurden auch erst zu diesem Zeitpunkt neu installiert (Turbinen). Die Auspuffrohre der originalen Schiffsdiesel befinden sich in den beiden Betontürmen.
Also, wir waren in der Luftschleuse stehen geblieben. Vorher musste man eine verdammt schwere Panzertür öffnen, dann eine Gastür, danach alles umgekehrt. Gastür links auf - Entseuchungsraum nackt ausziehen, wurde aber nie geübt(Dort stand ein Billiardtisch für die Freizeit),nächste Gastür auf und zu, nächste Gastür auf u. zu, Duschraum - neu anziehen. Dann kam man in den Hauptgang. Westlich ging es zur Strom- und Notstromversorgung sowie zum westl. Eingang. In nördlicher Richtung war rechts die Toiletten (mit Entlüftung !!), die BA-Kammer, links der Nahrungsmittelraum und anschließend die Waffenkammer. Danach rechts die mechanische Werkstatt, links ein Versammlungsraum (Politschulung, tech-nische Weiterbildung). In diesem befanden sich auch die Zugänge zu den an- und abgehenden Bezirkskabeln (bin kein Telefon - Mensch, vielleich kann jemand anders mal Bezirkskabel erläutern). Gegenüber, also rechts vom Gang, befand sich der Eingang zum Ziegelgebäude (Gas- u. Panzertür). Eine Treppe führte nach oben.Das war der ständig benutzt Zugang. Neben dem Versamm-lungsraum befand sich der sogenannte TF - Raum(TF= Trägerftrequenz). Darin stand eine TF-Station mit 12 Kanälen und ein UHF-Sender als Richtfunkstrecke zum MfNV, geplant Ersatz bei Kabelstörungen. Die TF-Station stammte noch aus dem Sachsenwerk Dresden, war mit Stahlröhren bestückt und funktionierte klaglos.Eine neuere Station konnte nicht in betrieb gehen, weil die Hochfrequenzeinstrahlung der Kurzwellensender zu groß war.
Dazu gleich mehr. In diesem Raum stand noch ein einsamer Fernschreiber, der zur Leitungskontroll 3 x mal täglich RY-Streifen ausspuckte. Die Kabel müssen damals sehr wichtig gewesen sein, denn die Prüfung erfolgte in Zusammen-arbeit mit Verstärkerämtern der Post (z.B. Wildpark).Bei längeren Störungen musste die Zentrale Nachrichtenkommandantur Berlin (unterstand den Sowjets) informiert werden.
Am nördlichen Ende des Ganges war ein ewa 4x5m großer Raum, die Betriebs-aufsicht Sendezentrale, kurz BAS genannt. Er war gleichzeitig das Bunker-ende. Im BAS liefen alle Informationen zusammen, Zustand der Sender, der Strom- u. Notsromversorgung, der Klimanlage, Telefone, Wechselsprech-anlagen usw. Der Arbeitsplatz war so angelegt, daß der Diensthabende mit dem Rücken zum Bunkerende saß und damit auch den ganzen Gang übersehen konnte, wenn die Tür geöffnet war. In seinem Rücken stand der Kreuz-schienenverteiler. Damit konnte man jede ankommende Tastleitung(Morsesignal auf dem Draht) auf jeden beliebigen Sender schalten. Daneben stand der Antennenverteiler, mit dem man jede Antenne auf jeden Sender legen konnte. Je nach Hauptsenderichtung und Leistung war das wichtig. Rechts und links vom BAS waren zwei große Senderäume. Jeder war vom BAS aus durch ein Regiefenster (wie in Rundfunkstudios) zu überblicken. Im rechten Raum standen acht SS 1000 KW-Sender und zwei sowj. WJASM2 (deutsche Bezeich. R110). Jetzt wird es technisch. Die SS1000 war DDR Standart Schiffssender, d.h. alle Hochsee-schiffe waren damit ausgerüstet. Die HF-Sendeleistung betrug 1000W. In bestimmten Frequenzbereichen und mit neueren Senderöhren aus Rudolstadt wurden locker 1,5..1,8 KW erreicht. In seltenen Fällen kam es vor, daß die Luftkühlung der Senderöhre nicht ausreichte, das Glas wurde weich und das Röhrenvakuum zog das Glas nach innen. Sah aus wie Weihnachtsbaumschmuck, aber verdammt teurer. Jeder Sender hatte ca. 28 Röhren (müsste in's Schaltbild sehen). Der Verschleiß war entsprechen hoch.
Der WJASM2 (unser Chef legte großen Wert auf diese Bezeichnung, für uns war es die "Russenkiste"), hatte eine Leistung von 8KW, mal mehr,mal weniger
je nach Frequenz. Die Einstellung auf die gewünschte Frequenz erfolgte mittels vieler Schalter und kleinen Kurbeln an Hand einer Tabelle, bei geringer Leistung. Der Schwingkreis der Sendestufe wurde mit einem Handrad abgestimmt. Erst dann durfte die Leistung erhöht werden. Die Anodenbleche der Vorstufen glühten manchmal kirschrot... doch genug der Einzelheiten.
Im linken Senderaum standen ebenfalls SS100 und zwei KN4 aus dem Funkwerk Köpenick mit je 4 KW Sendeleistung. Die im Bunker erzeugte Wärme war enorm. Und damit wären wir bei der Klimaanlage. Die befand mit weiteren Versorgungsräumen (Ersatzteilager usw.) noch ein Stockwerk tiefer. Ein 30KW
Motor trieb den Verdichter für die Kälteanlage an. Ein Wasserkammer reinigte die eingesaugte Luft von Staub und kühlte sie vor, ehe sie in den Wärmetauscher kam. Die Aussenluft konnte auch durch chemische Filter geleitet werden. Im Notfall wurde Umluft gefahren und aus einer Batterie Sauerstoffflaschen Sauerstoff zugesetzt. Aus diesen Raum ging ein Fluchtweg ab, der in einem der oberirdischen Betonklötze mündete. Versuche da hinein zugelangen sind sinnlos. Der Gang (ca. 80x80 cm) ist von innen mit Stahl- u. Gastür gesichert (schweissen sinnlos). Die Temperatur im Bunkerlage je nach Jahreszeit zwischen 24°C u. 30°C. Deshalb hatten wir auch eine andere Dienstuniform. Sie bestand aus einem dünnen, weichen Stoff, in dem keine Bügelfalte länger als 10 min. hielt, (sehr zum Leidwesen des "Alten").Dazu trug man Halbschuhe nach eigenem Geschmack, nur dunkel mußten sie sein. Wer einmal die Fernsehserie MASH gesehen hat, hat damit exakt unsere Uniformen gesehen. In die Öffentlichkeit durften wir damit natürlich nicht (He,wo kommen denn die Amis her ?).
In der Nähe des westl. Einganges befand sich der Hochspannungstrafo daneben die Hebeanlage. Dort wurde das Abwasser und was sonst noch dazu gehört nach oben befördert. In einem weiteren Raum war die Hauswasseranlage. Die Notstromversorgung befand sich im westlichsten Raum auf fast gleicher Höhe wie der Trafo. Zwei Schiffsdiesel (500 PS) versorgten den Bunker bei Stromausfall. Ich schätze, jeder kennt die Probleme eines kalten Dieselmotors. Deshalb wurden Öl- und Kühlwasserkreislauf ständig geheizt und durch die Motoren gepumpt, so daß sie innerhalb von 30sek. auf Volllast gehen konnten. Im Notfall lief erst ein Diesel an. Wenn dieser zu 80% ausgelastet war, lief der ander automatisch an. Um Synchronisationsprobleme in der Generatoren zu vermeiden, hatte der Bunker zwei Stromkreise. Jeder Diesel versorgte eins. Ja, damit wäre ich soweit fertig. Natürlich gibt es noch mehr technischen Einzelheiten gehen, aber ich glaube das führt hier zu weit.
Ach so, zur Schutzklasse der FSZ, eine solche Einteilung gab es damals noch nicht. Man hat uns erzählt, der Bunker hält eine Atomexplosion 500m über Null
aus. Hab's ausprobiert. Ich hoffe ich konnte einige Neugierige zufriedenstellen.
Wenn nicht, anfragen. Mein Wissen über die FSZ reicht nur bis 1970 !
....und Tschüß !
P.S. nach meinen Kenntnissen gab es in der Nähe von Rüdersdorf noch ein kleines Objekt des MfS, keine Ahnung, ob das stimmt.