Harz: Bauten auf dem Brockenplateau

Martin Kaule

Administrator
Die Geschichte der noch vorhandenen Gebäude auf dem Brockenplateau sind vielschichtig und werden – so ist zumindest mein Eindruck – oftmals nur verkürzt dargestellt. Aber vielleicht können wir ja gemeinsam etwas Licht ins Dunkle bringen.

Brockenherberge / Alter Fernsehturm

  • zwischen 1936 und 1937/38 errichtet
  • 1945-1947 Nutzung durch US-amerikanische Truppen, Übergabe an sowjetische Truppen am 28. April 1947
  • Zwischen 1949-1961 temporäre Nutzung als Hotel und Gaststätte
  • erneuter Sendebetrieb ab 1955
  • Nutzung einer Etage des historischen Fernsehturmgebäudes durch das MfS (1985 Umzug in das neu errichtete Dienstgebäude = heutiges Brockenhaus / Stasi-Moschee)
  • Neubau eines benachbarten 123m hohen Fernsehturm 1973

Doch was ich bisher nicht gefunden habe: wann wurde der angeschlossenen Touristensaal gebaut? Mich irritierten die Wandbilder im Treppenhaus, als auch im Saal (leider kein Bild gemacht) selbst.

Brocken-Plateau:
Brocken_03.JPG

Für die Eisenbahn-Freunde:
Brocken_04.JPG

Wandbild im Treppenhaus:
Brocken_01.JPGBrocken_02.JPG

Beste Grüße
Martin
 
Die Geschichte der noch vorhandenen Gebäude auf dem Brockenplateau sind vielschichtig und werden – so ist zumindest mein Eindruck – oftmals nur verkürzt dargestellt.
Das ist nicht nur Dein Eindruck.

Brockenherberge / Alter Fernsehturm

1945 sollen bis auf den alten Sendeturm sämtliche Gebäude zerstört gewesen sein.

Kannst Du mit dem Luftbild von 1939 etwas anfangen? https://www.antik-falkensee.de/catalog/images/2014/3706o905.JPG

In der folgenden Seite ist ein Foto nach der Bombardierung, vergrößerbar: http://www.wernigerode-in-jahreszahlen.de/jahr-1945/artikel-584.html#prettyPhoto

Das Saalgebäude soll 1955 gebaut (wiederaufgebaut?) worden sein.

Übrigens soll es auch nach dem Ende des Güterverkehrs zum Brocken noch vereinzelte Fahrten auf der Brockenbahn gegeben haben.
 
Kannst Du mit dem Luftbild von 1939 etwas anfangen?

Letzte Woche nicht. Jetzt, nachdem ich mir noch einige weitere historische Ansichten besorgte schon.

Anbei eine andere Perspektive der Bebauung auf dem Brocken (Zustand: Ende der 1930er Jahre), durch die Abbildung des Bahnhofs sieht man, das sich die historischen Bauten ursprünglich längs dazu erstreckten. Mit dem Bau des Alten Fernsehturms erstreckte sich dann die Bebauung quer dazu. Der Bereich der historischen Bebauung ist heute renaturiert.

Gesamtübersicht, am rechten oberen Bildrand sieht man den noch immer existierenden Bahnhof:
Brocken_Plateau_1.jpg

Historischer Aussichtsturm, historische Wetterwarte und Alter Fernsehturm:
Brocken_Plateau_2.jpg

Touristensaal:
Brocken_Touristensaal_2.jpg
Brocken_Touristensaal_1.jpg

So. Nachdem ich die Bilder erhielt, irritierte mich die Höhe des Alten Fernsehturms. In der 8. Auflage des Bandes "Der Brocken" (Schmidt/Korsch) tauchte nun auch die Aufklärung dazu auf: Rückbau um 6 Etagen zwischen 1948-50!

Brockenherberge / Alter Fernsehturm


  • zwischen 1936 und 1937/38 errichtet (16 Etagen)
  • 1945-1947 Nutzung durch US-amerikanische Truppen, Übergabe an sowjetische Truppen am 28. April 1947
  • 1948 Demontage der oberen 6 Etagen auf 10 Etagen, Übernahme durch die Post der DDR = 1950
  • Zwischen 1949-1961 temporäre Nutzung als Hotel ()und Ausflugsgaststätte
  • erneuter Sendebetrieb ab 1955
  • Nutzung einer Etage des historischen Fernsehturmgebäudes durch das MfS (1985 Umzug in das neu errichtete Dienstgebäude = heutiges Brockenhaus / Stasi-Moschee)
  • Neubau eines benachbarten 123m hohen Fernsehturm 1973

So? Und wann entstand nun der Touristensaal? Das Gebäude könnte der Anbau am Alten Fernsehturm sein, oder was denkt ihr?

BG
Martin
 
Die historische Wetterwarte befand sich grob zwischen dem Aussichtsturm und dem Alten Fernsehturm (siehe 2tes Bild im vorhergehenden Beitrag). Dieses eher provisorische Gebäude wurde 1939 durch einen Neubau ersetzt.

Wetterwarte:


  • 1895 Eröffnung eines ersten Brockenobservatoriums
  • 1913-1919 Neubau einer zweiten Wetterwarte
  • 1938-1938 Bau der nunmehr dritten Wetterwarte
  • 1947-1950 Instandsetzung des zerstörten Gebäudes

IMG_4934.JPG

BG
Martin
 
Die historische Wetterwarte befand sich grob zwischen dem Aussichtsturm und dem Alten Fernsehturm (siehe 2tes Bild im vorhergehenden Beitrag). Dieses eher provisorische Gebäude wurde 1939 durch einen Neubau ersetzt.

Wetterwarte:


  • 1895 Eröffnung eines ersten Brockenobservatoriums
  • 1913-1919 Neubau einer zweiten Wetterwarte
  • 1938-1938 Bau der nunmehr dritten Wetterwarte
  • 1947-1950 Instandsetzung des zerstörten Gebäudes

Anhang anzeigen 112585

BG
Martin

2019 Umstellung auf automatischen Betrieb, Wetterwarte nicht mehr besetzt
 
Das große Holzgebäude der Deutschen Post wurde wegen seines grünen Anstrichs "PfefferminzPalast" genannt.
So erzählte es mir ein Bekannter, der zu DDR- Zeiten in der Funkdirektion gearbeitet hat und sich dort auskannte. Leider lebt er nicht mehr.

FA
 
Ich sah, dass Du vor Tagen dort warst - gna. Hätte ich das gewusst: In Wernigerode hättest Du zu Jüttners Buchhandlung von Rainer Schulze gemusst, dort gibt es sackweise Heimatliteratur. Insbesondere auch Grenze usw. Genannter Raier Schulze ist ein Unikum, bereits zu DDR-Zeiten war er als singender Buchhändler bekannt und hatte bei Literna eine LP: https://www.discogs.com/de/Rainer-Schulze-Ich-Weiß-Nicht-Warum-Ihr-Lacht/release/7986843

Und wann entstand nun der Touristensaal?
Ich versteige mich mal (unbewiesen) auf 1955. Wenn Du Dir nochmal das Ruinenfoto ( http://www.wernigerode-in-jahreszahlen.de/jahr-1945/artikel-584.html#prettyPhoto ) ansehen möchtest? Vor allem aber das Wandbild im Treppenhaus: Bis 1945 wäre das ein deutsches Mädchen und ein deutscher muskulöser Mann mit freiem Oberkörper gewesen. Und nicht (aus Nazi-Sicht) halbnackte Negermädchen mit freier Brust. - Der obere Saal müsste der Goethesaal sein - auch ein Suchbegriff.


Und wann entstand nun der Touristensaal?
Das Gebäude könnte der Anbau am Alten Fernsehturm sein, oder was denkt ihr?
Nimm man bitte google-maps, Luftbild. Ja - nur das der ausgebombt war.

P.S: Zur Wetterwarte aktueller Beitrag vom Sachsen-Anhalt-heute: https://www.mdr.de/mediathek/themen/sachsen-anhalt/video-277378_zc-f3141762_zs-c1363d1b.html - der erwähnte Orkan ist übrigens der, der die sowjetische Liegenschaft zerlegte, Herr Büttner.
 
Ich versteige mich mal (unbewiesen) auf 1955. Wenn Du Dir nochmal das Ruinenfoto ( http://www.wernigerode-in-jahreszahlen.de/jahr-1945/artikel-584.html#prettyPhoto ) ansehen möchtest? Vor allem aber das Wandbild im Treppenhaus: Bis 1945 wäre das ein deutsches Mädchen und ein deutscher muskulöser Mann mit freiem Oberkörper gewesen. Und nicht (aus Nazi-Sicht) halbnackte Negermädchen mit freier Brust. - Der obere Saal müsste der Goethesaal sein - auch ein Suchbegriff.

Das Ruinenfoto könnte der Blick auf die alte Wetterwarte sein. Der Alte Fernsehturm wurde aus Stahlbeton erbaut, der Anbau (Touristensaal) vermutlich auch?

Nimm man bitte google-maps, Luftbild. Ja - nur das der ausgebombt war.

Deine These wäre: der Anbau des Fernsehturms der 1930er Jahre war vorher mit Technik o.ä. belegt, in den 1950er Jahren dann zum Touristensaal ausgebaut?

der erwähnte Orkan ist übrigens der, der die sowjetische Liegenschaft zerlegte, Herr Büttner.

Ahhhh. Das erklärt den Zustand Ende der 1980er. Ich hatte mich schon ob des Zustands eines der Gebäude auf dem sowjetisch genutzten Areal gewundert.

MfS-Sekr-Schwanitz-Fo-0003-Bild-0010.jpg
Quelle: BStU/MfS-Sekr-Schwanitz-Fo-0003-Bild-0010

MfS-Sekr-Schwanitz-Fo-0003-Bild-0009.jpg
Quelle: BStU/MfS-Sekr-Schwanitz-Fo-0003-Bild-0009


BG
Martin
 
Das Ruinenfoto könnte der Blick auf die alte Wetterwarte sein. Der Alte Fernsehturm wurde aus Stahlbeton erbaut, der Anbau (Touristensaal) vermutlich auch?
Hier scheint der Anbau noch gar nicht da zu sein:
http://www.appelhans-verlag.de/leseprobe/Brocken/files/assets/seo/page32.html

Leider hört die Leseprobe an der spannenden Stelle auf.

Deine These wäre: der Anbau des Fernsehturms der 1930er Jahre war vorher mit Technik o.ä. belegt, in den 1950er Jahren dann zum Touristensaal ausgebaut?

Ich gehe davon aus, dass die google-maps-Eintragungen stimmen. Aber ich werde immer unsicherer: Vor 1945 hat es mindestens den Goethesaal schon mal gegeben, allerdings offenbar an anderer Stelle (am runden Turm wohl).

Ansichtskarten helfen nicht so recht weiter: Machart und Schriften sind für die 1930er bis frühen 1950er Jahre ziemlich gleich. Beide fraglichen Säle werden in den frühen bis mittleren 1950er Jahren mehrfach auf Ansichtskarten gezeigt - eine angeblich 1981 datiert (vermutlich Schreibfehler des Anbieters). Aus meiner Sicht sprechen die beiden Wandbilder deutlich für die 1950er Jahre, es gibt ja ähnliche Gemälde. Die Gestaltung der Säle irritiert wegen der Decken und Säulen, das riecht regelrecht nach Nazi-Zeit. Andererseits ticken die im Harz anders: Hexen und urige Raumgestaltung ist bis heute in der Gegend nicht selten.

An dieser Stelle ist eins wichtig, belegt sowohl durch Familiensaga als auch durch seriöse Quellen: Der Brocken war zwar seit den frühen 1950er Jahren DDR-Sperrgebiet. Gleichwohl war er touristischer Hotspot: Mit der Brockenbahn hoch. Passierscheine wurden eher großzügig vergeben. Das änderte sich zeitgleich zum Mauerbau in Berlin - dann war damit Schluss.

Hier verschiedenste Ansichtskarten bei Antik-Falkensee:
https://www.antik-falkensee.de/catalog/advanced_search_result.php?keywords=brocken&sort=-1&page=1

Ahhhh. Das erklärt den Zustand Ende der 1980er. Ich hatte mich schon ob des Zustands eines der Gebäude auf dem sowjetisch genutzten Areal gewundert.
Das ist gesichert, im Archiv habe ich (ich weiß nicht, Westseite oder MfS) diesbezüglichen Eintrag. Kolja hat es da noch viel mehr zerlegt, aber das haben sie nicht wieder aufgebaut - warum auch immer. Das erschließt sich nicht so recht - sie wussten ja auch, dass da alle naselang ein westlicher Fotoflieger Schrägbilder macht.
 
In der Sache hatte ich den Herrn Brocken-Wetterwart aus dem Fernsehen angeschrieben. Leider erhielt ich keine Antwort.

In ganz anderer Sache sehe ich gerade digitalisierte Videoaufnahmen durch: Am 20.05.1994 filmte ich das kurz zuvor verlassene sowjetische Grundstück. Natürlich von außen, außerhalb des noch bestehenden Zauns. Sensationell - was ich damals so alles zufällig filmte.
 
Die fachlich dagegen sprechenden Gründe werden da ja nochmals erwähnt. Vor Tagen im DR (ohne Quelle) war zu erfahren, dass die Station zunächst (?) weiter bemannt sein würde, allerdings mit Techniker(n), nicht mit Meteorologen.
 
Ja, klar. Und ich halte das auch für falsch. - Techniker soll im Drei-Schicht-System sein, weil die Technik im Schnee undsoweiter. Aber selbst da hofft der DWD, dann sie die nicht ewig brauchen.
 
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